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die vergiftete Zimmerluft, während draußen ein Meer von frischer Luft
wogt. Kranke wurden früher ängstlich in schlechte Luft eingesperrt, so
daß man sie buchstäblich verkommen ließ. Heute führt man ihrem ge—
schwächten Körper möglichst viel frische Luft zu. Soll die Lüftung wirksam
sein, so hat man zwei Offnungen herzustellen, die obere zum Abzug der
schlechten, die untere zum Einlassen der guten Luft. Auch die Gänge sollen
fleißig gelüftet werden, weil sonst von diesen schlechte Luft in die Wohnräume
dringt. Dies geschieht ebenfalls, wenn unter den Fenstern Düngerhaufen
liegen, oder andere übelriechende Stoffe aufgeschüttet sind. Eine weitere
Forderung ist die, daß die Aborte von den Wohnräumen gesondert und ent—
fernt liegen, sonst zerstören die von ihnen zuströmenden Gase, z. B.
Schwefelwasserstoff und Ammoͤniak, schleichend, aber sicher die Gesundheit der
Bewohner. „In ein Haus, in dem es übel riecht, ziehe nicht, du verlierst
Geld und Gesundheit zugleich.“ Wohn- und Schlafzimmer müssen gesondert
sein, weil sonst eine gründliche Lüftung unmöglich ist. Das größte Zimmer
werde zur Schlafstübe, das größere zur Wohnstube, das kleinste zur „guten
Stube“ bestimmt. Eitelkeit und Prahlsucht lassen es die Menschen gewöhn—
lich umgekehrt machen.
Die Zufuhr guter Luft ist ohne Reinlichkeit nutzlos. Alle luft—
verderbenden Dinge (Wäsche, nasse Kleider, Schuhe und Schirme) sind nicht
im Wohnzimmer, sondern in unbewohnten Räumen unterzubringen. Speise—
reste oder übelriechende Gegenstände sind im Wohnzimmer nicht zu dulden.
Ein Hauptfeind der Lunge und der Gesundheit ist der Staub, der die
Binnenluft verunreinigt. Ein in das Zimmer dringender Sonnenstrahl
zeigt uns den heimtückischen Feind. Wo ein Fuß aufgesetzt wird, wirbeln
förmlich Wolken von Stäubchen empor. Der Staub besteht aus Straßen—
und Kohlenteilchen und orgänischen Gebilden, unter denen die Baktéerien, die
Träger ansteckender Krankheiten, die gefährlichsten sind. Trägheit und Un—
verstand lassen sich die Staubmassen auf Kasten und Schränken, in Stroh—
säcken, Gardinen und Teppichen anhäufen, während dies streng zu vermeiden
ist; ebenso hat man das Ausklopfen und Ausbürsten der Kleider und das
Aufwirbeln der Asche in den Wohnräumen zu unterlassen. Die Schuhe hat
man vor dem Betreten des Hauses und der Zimmer vom Straßenschmutz
gründlich zu reinigen. Glatte Möbel und gestrichene Fußböden sind zu
fordern. Nur auf nassem und feuchtem Wege kann man den Staub voll—
kommen entfernen. Man tut dies mittels feuchter Tücher, die man um einen
Schrubber schlägt und immer wieder auswäscht. Mit trockenen Tüchern
jagt man den Staub nur auf, der sich dann an einer anderen Stelle wieder
niedersetzt. Wie gerade die Werkstatt des Handwerkers eine gründliche
Lüftung verlangt, so ist für sie die Beseitigung des in erhöhtem Maße vor—
handenen Staubes von hoher Wichtigkeit. Die Wohnung schützt uns wie die
Kleidung vor den Unbilden der Witterung, indem sie uns mit einer milden,
gleichmäßigen Temperatur umgibt; sie ist gewissermaßen das allgemeine
„UÜberkleid der Familie“. Je poröser die Wände sind, desto mehr wird die
Wärme zurückgehalten. Die Luft in den Poren, ein schlechter Wärmeleiter,
läßt die Wärme nur langsam durch die Mauer austreten. Dichte Wände
aus Glas oder Eisen würden im Winter die Wärme sehr schnell nach außen
leiten und kalte Wohnungen erzeugen. Durch eine zweckmäßig eingerichtete
Heizung gelingt es unschwer, den Wohnräumen in der kalten Jahreszeit eine
behagliche Wärme von etwa 182 0. zu erhalten, die erfahrungsgemäß der
Gesundheit am meisten zuträglich ist, da sie weder den Körper verweichlicht,