Full text: [Teil 6 = Klasse 4, [Schülerband]] (Teil 6 = Klasse 4, [Schülerband])

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Es ist ein Laut von so gewaltiger Stärke, daß er auf den, der ihn 
zum ersten Male hört, ganz überraschend und erschreckend einwirkt. 
In langen Zwischenräumen donnert so das Nilpferd über sein König¬ 
reich, den weiten Sumpf, hin, und niemand wird sich dem eigenartigen 
Zauber entziehen können, der durch die weite, düstere Landschaft nur 
verstärkt wird. Er ist ein Zeichen, daß sich die Flußpferde nunmehr 
auf ihren glatt ausgetretenen, oft tunnelartig durchs Gebüsch führenden 
Pfaden und Wechseln aufs feste Land zur Äsung begeben werden.)/ 
Kurz vor Sonnenuntergang hat sich noch ein eigenartiges/ höchst 
bewegtes Bild unserem Auge geboten. In drängender Hast eilten pfeil¬ 
schnellen Fluges Hunderttausende von finkenartigen Vögeln und Webern 
zum Sumpfe, um ihren Abendtrunk einzunehmen und dann im schützenden 
Papyrusdickicht ihr Nachtquartier in Sicherheit aufzuschlagen. Hastigen 
Fluges, in langen, wellenartig sich hebenden und senkenden Massen sind 
sie herbeigeeilt, indem sie sich dem Niveau der Papyruswälder in 
Schlangenlinien genau anpaßten und so ganz den Eindruck einer riesigen 
Schlange im ungewissen Dämmerlicht des Abends hervorriefen. Diese 
Flüge begleitet ein gewaltiges Brausen, so laut und stark, daß es nicht 
nur den Neuling unter Umständen zu erschrecken vermag. Mit genauester 
Einhaltung ganz bestimmter Flugrichtungen stellen sich diese Vogelmengen 
allabendlich ein. 
War es mir schon bei früheren Gelegenheiten, bei Beobachtung 
schnell in dichtgedrängten Scharen fliegender Vögel aufgefallen, welch 
inniger Zusammenhang zwischen den einzelnen Tieren herrscht, — hier 
wurde es mir fast zur Gewißheit, daß sich die Vögel mittelst Zeichen, 
die unseren menschlichen Sinnen nicht mehr wahrnehmbar sind, mitein¬ 
ander verständigen und so imstande sind, blitzschnell gleich Automaten 
alle Flugschwenkungen und Bewegungen auszuführen, die die Führer 
oder Leiter dieser Schwärme für nötig erachten. 
Zugleich sind unzählige Tauben verschiedener Arten, scheu und vor¬ 
sichtig hin und her flatternd, am Wasser erschienen. Nach eingenommenem 
Trünke begeben auch sie sich in der Nähe des Sumpfes zur Nachtruhe. 
Ihnen schließen sich Perlhühner, fliegend und laufend oft aus weiter 
Entfernung herbeigeeilt, in großen Mengen an. Aufgebäumt, heben sie 
sich in zahlreichen Gruppen scharf vom rotvioletten Horizonte ab. 
Aber schon wieder ein neues Bild! Schweren Fluges, gespenster¬ 
haft sich abzeichnend von dem schon halb verdüsterten Abendhimmel, der 
nun in all den unsagbaren schönen Tinten des äquatorialen Sonnen¬ 
unterganges wechselt, naht sich ein Trupp Kronenkraniche, um ihre 
sicheren Schlafplätze auf kleinen Inseln im Sumpfe aufzusuchen. Abend 
für Abend treffen diese prächtigen Vögel auf die Minute genau hier 
ein. Ein Knarren wie von ungeölten Wagenrädern begleitet ihren Flug, 
wohl eine der sonderbarsten mir bekannten Vogelstimmen. Merkwürdige
	        
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