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deutscher Bischöfe) den Papst als abgesetzt erklären ließ. Da that
Gregor den Kaiser in den Bann, entsetzte ihn des Thrones und ent-
band alle seine Unterthanen vom Eide der Treue. Nun erhoben sich
Zwietracht und Ausruhr im ganzen Reiche, und die deutschen Fürsten
drohten, einen neuen Kaiser zu wählen, wenn Heinrich nicht binnen
kurzer Zeit des Bannes ledig sei. In dieser Not begab sich Heinrich
unter großen Beschwerden mitten im Winter über die Alpen nach
1077 Italien, flehte vor dem Schlosse Canossa 1077 drei Tage barfuß und
im Büßerkleide des Papstes Gnade an und erlangte durch unerhörte
Demütigung Lossprechung vom Banne. Da indes der Papst zögerte,
Heinrichs königliche Rechte anzuerkennen, kam es bald zu neuem Bruche
zwischen beiden, und die päpstlich gesinnten Fürsten wählten den Herzog
Rudolf von Schwaben zum Gegenkönig. Im Anfang des hier-
durch entstehenden Bürgerkrieges schien Rudolf Glück zu haben; schon
übersandte ihm der Papst im Namen des heiligen Petrus eine Krone
und that Heinrich abermals in den Bann. Allein bald daraus wurde
Rudolf in einer Schlacht verwundet und starb. Heinrich aber zog nun
mit Heeresmacht über die Alpen gegen Gregor und eroberte nach drei-
jähriger Belagerung die Stadt Rom, so daß der Papst nach Unter-
' Italien fliehen mußte, wo er im nächsten Jahre starb.
4. Heinrich I V. und seine Söhne. Endlich hatte Heinrich mit seinen
eigenen Söhnen zu kämpfen, die von der unversöhnlichen Gegenpartei
zur Empörung verleitet wurden. Der ältere Sohn, Konrad, wurde
deshalb von der Nachfolge ausgeschlossen und endete in Schmach. Der
jüngere Sohn aber, Heinrich, nahm den Vater durch schändliche List
gefangen, zwang ihn durch Drohungen, der Krone zu entsagen, und
behandelte ihn wie einen Verbrecher. Der alte Kaiser entkam der Haft,
floh nach Lüttich und starb dort in Kummer und Verlassenheit. Fünf
Jahre noch stand der Leichnam des Gebannten in ungeweihter Kapelle;
dann erst nach Lösung vom Banne erfolgte die feierliche Bestattung im
Kaiserdome zu Speier.
§ 92.
Der erste MreuMg 1096—1099.
Während die Kaisermacht durch ihren langen Kampf mit dem
Papsttum mehr und mehr geschwächt wurde, erhielt die Macht und das
Ansehen des Papstes eine erhebliche Förderung durch die Kreuzzüge.
Diese gewaltigen Feldzüge nach dem Morgenlande wurden her-
vorgerufen durch die frevelhafte Bedrückung und Mißhandlung der