Full text: Abriß der Weltgeschichte mit eingehender Berücksichtigung der Kultur- und Kunstgeschichte für höhere Mädchenschulen

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I. Die Ägypter (Hamiten). 
§ 2. 
Der Nil und das Fand Ägypten. 
(S. Karte I.) 
1. Der Nilstrom. Im nordöstlichen Afrika, nahe der schmalen 
Landenge, durch welche Afrika mit Asien zusammenhängt, ergießt 
sich der Nil in das Mittelmeer. Einer der gewaltigsten Ströme 
der Erde, 6000 km lang, wird er durch Vereinigung von zwei 
Flüssen, dem sogenannten „weißen" und dem „blauen" Nil 
gebildet, von denen der erstere, der westliche, stärkere Quellfluß, dem 
mächtigen Ukerewe-See am Äquator entströmt, der kleinere, der blaue 
Nil auf dem abessinischen Hochland entspringt. Der vereinigte Strom 
fließt dann in nördlicher Richtung durch Wüsten- und Gebirgsland, 
in zehn Wasserfällen (Katarakten) über Felsen herabstürzend, bis er 
bei Syene Ägypten (mit einheimischem Namen „die schwarze Erde") 
erreicht. Ohne Zuwachs durch Nebenflüsse, doch über 1000 m breit, 
viermal so wasserreich als der Rhein an seiner Mündung, durch- 
strömt er dieses Land, zuletzt in mehrere Arme sich teilend, noch 
1100 km weit bis zum Meere. 
2. Das Nilland Ägypten ist ein nur 2—4 Meilen (15 bis 
30 km) breites, im Osten und Westen von öden Gebirgen einge- 
schlossenes Thal, das sich im Norden zu einer Tiefebene erweitert. 
Diese Ebene wird, weil sie, von zwei Armen des Nilstroms und 
dem Meere umgeben, die Gestalt eines Dreiecks hat, (nach dem 
griechischen Buchstabens) das Delta genannt. — Ägypten, „eine 
schmale grüne Oase von üppiger Fruchtfülle" inmitten unabsehbarer 
Wüste, ist ein „Geschenk des Nil". Der mächtige Strom befruchtet 
das Land durch seine alljährliche Überschwemmung. 
Wenn der Schnee auf den Hochgebirgen seines Quelllandes schmilzt, wenn 
die tropischen Regengüsse an seinem oberen Lauf eintreten, schwillt mit der 
Sommersonnenwende sein Wasser allmählich an. Gegen Ende des Juli tritt 
er aus den Ufern und überflutet das ganze Thal, sodaß er zu Ende September 
mehr als sechs Meter über dem niedrigsten Wasserstande steht. Ebenso all¬ 
mählich, wie er gestiegen, fällt der Fluß nach vier Monaten auf seinen ge- 
wohnlichen Stand zurück. Soweit diese Bewegung des Nil das Land bedeckt 
hat, ist überall ein fruchtbarer Schlamm zurückgeblieben. Es ist die Erde, 
welche der weiße und der blaue Fluß vor ihrer Vereinigung abgespült hat und 
die der Nil auf der Sohle des Thals in ruhiger Strömung ablagert. Die Er- 
frischung des Bodens durch die Überschwemmung, seine Befruchtung durch
	        
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