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genie in Tauris" durch Umdichtung in Verse die edle, vollkommene Form,
welche diesem hohen „Seelendrama" entspricht; er schuf endlich in „Tasso"
ein zweites Seelendrama, das an Glätte und Glanz der Sprache die Iphigenie
vielleicht noch übertrifft. Die Abfassungszeit dieser Stücke reicht bis 1789. Die
übrigen Hauptwerke Goethes fallen in die folgende Geschichtsperiode.
Schiller, Friedrich (von), war zu Marbach in Württemberg am 10. November
1759 geboren, studierte Medizin auf der Karlsschule zu Stuttgart, floh, als ihm die
Freiheit der dichterischen Thätigkeit verkümmert wurde, nach Mannheim, begab sich
daraus nach Leipzig und Dresden (zu seinem Freunde Körner), wurde 1789 Professor
der Geschichte in Jena. — Seine Hauptwerke gehören der dramatischen Poesie an.
Von denselben wurden seine vier Jugendstücke: „fcije Räuber" (1781), „Fiesko",
„Kabale und Liebe", „Don Carlos" vor 1789 gedichtet — Werke voll Frei¬
heitsglut, voll Bewegung und Leidenschaft, die in ihm schon Deutschlands
größten Dramatiker ahnen ließen, als welchen er in seinen später folgenden
großartigen Schöpfungen sich erwies.
B. Die übrigen Künste und Wissenschaften in Deutschland.
Ungefähr gleichzeitig mit der Poesie, ihr teilweise vorauseilend, erhielt die
deutsche Musik durch eine Reihe trefflicher Meister, namentlich durch Sebastian
Bach (t 1750;'die Matthäus-Passion), Händel (t 1759; „der Messias") und Mozatt
f 1791; die Opern „Don Juan", „Zauberflöte ic.\ das Requiem), denen sich
Gluck (Iphigenie in Aulis und in Tauris :c.) und H a y d n („bie Schöpfung", „die
Jahreszeiten") beigesellten, ihre vollkommenste Ausbildung. Auch die Maleret
fing an sich zu erheben. Die Bildnerei und die Baukunst hatten einen tüch-
tigen Meister in Schlüter (um 1700), der Berlin mit Denkmälern zu schmücken
Begann (das Zeughaus, das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten). — In den
Wissenschaften leuchtete am Ende des 17. Jahrhunderts der vielseitig gelehrte
Leibniz hervor, in der zweiten Hälfte des 18. der große KönigsBerger Denker
Kant, der Vater der neueren Philosophie, ferner Winckelmann, der durch seine
„Geschichte der Kunst des Altertums" uns die Herrlichkeit der griechischen Kunst-
denkmale erschloß, u. a.
Aus der Kulturgeschichte sind endlich noch einige Erfindungen anzuführen,
die in diese Periode fallen: so die Erfindung des B litz a B leiters(1751 von Ben-
j a m i n F r a n k l i n), der Dampfmaschine (1769 von dem Engländer James Watt,
des LuftBallons (1782von dem Franzosen Montgolfier).
Dritte Periode.
Vom Ausbruch der grotzen französischen Revolution
bis zur Gegenwart 1789—1889.
I. Die Revolution und Napoleons I. Kaiser-
Herrschaft 1789-1815.
§ 138.
Friedrich Wilhelm II. — Die Revolution in Frankreich.
1. Friedrich Wilhelm II. Auf Friedrich II. (den Großen) folgte
sein Neffe Friedrich Wilhelm II. 1786—1797. Er kam seinem großen