§ 4. Sparta. 9
§ 4. Sparta.
1. Die spartanische Verfassung. Den dorischen Scharen, die sich
in Lakonika festgesetzt hatten, gelang es erst nach langen Kämpfen, das
ganze Land zu unterwerfen. Während dessen entstand am Enrotas
Sparta, ihr Hauptort, keine eigentliche Stadt, sondern nur ein offenes
Feldlager in mehreren unbefestigten Dörfern. Die große Übermacht der
einheimischen Bevölkerung zwang die höchstens 6000 streitbare Männer
zählenden Dorer zu fortwährender Kriegsbereitschaft und hinderte sie,
in den Künsten des Friedens den anderen Griechen nachzueifern. Ihre
Staatsverfassung, deren Urheber Lykurg gewesen sein soll, ordnete
genau die Pflichten und Rechte jedes einzelnen gegenüber der Gesamt-
heit. Sie war durchaus militärisch, beruhte auf uralten dorischen
Stammeseinrichtungen, wie sie z. B. auch auf Kreta bestanden, und
machte den Staat stark und mächtig.
(Sagen von Lykurg.)
Die Dorer, Spartiaten genannt, bildeten den Adel. Sie allein
konnten ein Amt bekleiden. Unter sie war die Eurotasebeue verteilt;
die Güter waren gleich groß, unverkäuflich und fielen nach dem Tode
des Besitzers dessen ältestem Sohne zu. (Vgl. unsere „Majorate".) Die
Bewohner der umliegenden kleinen Land- und Seestädte, die Periöken,
waren zu Unterthanen gemacht; sie waren frei, zum Kriegsdienst ver-
pflichtet, aber von den Ämtern ausgeschlossen. Die Bauernschaft der
Ebene war zu Leibeigenen, Heloten, erniedrigt; sie waren auf die
Spartiateugüter verteilt, die sie zu bebauen hatten, blieben aber Eigen-
tum des Staates. Ihr Los war hart, denn ihre große Zahl erforderte
eine strenge Überwachung; doch durften sie nicht getötet oder verkauft
werden.'
Au der Spitze des Staates standen seltsamerweise zwei Könige
(der Sage nach die Nachkommen des Prokles und Eurysthenes, der Söhne
des Herakliden Aristodemos), deren Macht jedoch mit der Zeit so zurück-
ging, daß aus der Königsherrschaft geradezu eine Adelsherrschaft
wurde.
Sie führten das Heer in den Krieg und hatten den Vorsitz im
Rate der Alten (Gernsia), dem außer ihnen noch 38 über 60 Jahre
alte Spartiaten (Geronten) zugehörten. Zur Zeit des Vollmonds traten
alle über 30 Jahre alten Spartiaten zur Volksversammlung zu-
sammen, die über Krieg und Frieden, Gesetze und Verträge mit anderen
Staaten die oberste Entscheidung hatte und die Beamten wählte; unter
diesen waren die wichtigsten die fünf Ephoren („Aufseher"), welche
später das ganze Staatswesen leiteten.
2. Die spartanische Erziehung. Sie verfolgte das einzige Ziel,
dem Staate tüchtige Krieger heranzubilden. Darum wurden schwächliche