ErÜe Mnsde.
Vom Beginn der Reformation bis zum westfälischen Frieden
1517—1648.
Das Zeitalter der Religionskämpfe.
§ 94.
Die Reformation in Deutschland bis zu Luthers Tode.
Die Mißbräuche, welche in die christliche Kirche einge-
drungen waren, hatten schon seit lange das Bedürsniß einer Re-
sormatiou derselben „an Haupt und Gliedern" hervorgerufen.
Aber das Verlangen nach einer solchen war auch durch die großen
Kirchenversammlungen zu Kostnitz und Basel (§>90, 3) nicht
befriedigt worden. Da trat als Reformator Martin Lnther auf.
Luther war geboren am Martinsabend, 10. November 1483, zu
Eisleben. Von seiner Herkunft erzählt er: „Ich bin eines Bauern Sohn,
mein Vater, Großvater, Ahnherr sind rechte Bauern gewest. Hernach
ist mein Vater gen Mansfeld gezogen und daselbst ein Berghauer
worden". Der Vater hieß Hans Luther und wohnte anfänglich in
Möhra unweit Salznngen, dann in Eisleben, darauf in Mansfeld.
Luther besuchte als Knabe die Schule zu Mansfeld, in seinem 14ten
Jahre wurde er nach Magdeburg geschickt, wo er sich kümmerlich durch-
half, im 15ten Jahre kam er nach Eisenach. Dort nahm ihn Frau
Cotta in's Haus, „dieweil sie um seines Singens und herzlichen Ge-
bets willen in der Kirche Zuneigung zu ihm trug". 1501 bezog er die
Universität zu Erfurt. Damals bekam er zuerst eine vollständige la-
teinifche Bibel in die Hand. 1505 wurde er Magister und hielt philo-
sophische Vorlesungen. Aber angstvoll um seine Seligkeit, erschüttert
durch den plötzlichen Tod eines Freundes, ging er in demselben Jahre
(gegen der Eltern Willen) in's Kloster zu den Augustinern, und wurde
1507 Priester. Er las im Kloster eifrig die Bibel und die Kirchenväter,
vorzüglich den Augustinus. Seine Gewissensanfechtungen konnten auch
durch die härtesten Bußübungen nicht gestillt werden; doch brachte ihm
Staupitz, der Vorgesetzte des Ordens, Trost, und ein alter Kloster-
bruder richtete sein krankes Herz auf durch die Hinweisung auf das
Wort des Apostels Paulus: der Mensch wird ohne Verdienst gerecht