Full text: Grundriß der Weltgeschichte für höhere Bürgerschulen und mittlere Gymnasialklassen

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die durch Einlegen von mehreren Spulen diese viel schneller zu füllen 
vermag. 
Die Vorbereitungsarbeiten für den mechanischen Stuhl müssen 
sehr sorgfältig geschehen, da die Fäden darin viel heftigere Angriffe 
zu erdulden haben als im Handstuhl. Die Arbeiten werden mit Hilfe 
von Maschinen, Spulmaschinen, Schermaschinen, Schlicht- oder Leim⸗ 
maschinen und Bäummaschinen, ausgeführt. Diese Maschinen haben in 
den letzten Jahrzehnten eine Menge von Verbesserungen erfahren, so daß 
man Garne jedweder Art und Feinheit schnell für den mechanischen Stuhl 
vorzubereiten vermag. Die Hand des Arbeiters ist nicht imstande, viel 
Fäden beim Scheren zu fassen und so zu regieren, wie es diese Arbeit 
verlangt. Auch wird seine Aufmerksamkeit bezüglich des Laufes der Fäden 
und ihres Reißens durch die Bewegungen, die er machen muß, ab— 
gelenkt. Ganz anders die Schermaschine. Sie nimmt 200 bis 400 und 
darüber, sogar bis zu 800 Fäden von dem Spulengestell und bringt sie 
geordnet und auf gleiche Länge auf die wagerechie Schertrommel, braucht 
also das nur einigemale zu wiederholen, um die ganze Fadenzahl der 
Kette zu erreichen. Die mit der Maschine verbundene Bäummaschine 
wickelt alsdann die gesamte Kette von der Schertrommel auf den Ketten— 
baum des Webstuhls. 
Einfacher gestaltet sich die Vorbereitung des Schusses. Er muß in 
eine Form gebracht werden, die gestattet, ihn in das geöffnete Fach der 
Kette einzutragen. Zum Durchwerfen des Schusses bedient man sich eines 
Werkzeuges, des Schützens. Der Schuß wird auf eine kleine hölzerne 
Spule, die Schußspule, oder eine papierne Röhre gewickelt oder als Schlauch⸗ 
knäuel geformt. Bei der Handweberei wird zur Herstellung der Spulen 
uoch häufig daß Spulrad benutzt, in der mechanischen Weberei dagegen 
sind Schußspulmaschinen in Gebrauch, welche gleichzeitig mehrere Spulen 
aufnehmen. Solche Maschinen sind äußerst vollkommen eingerichtet. Bricht 
ein Faden, oder ist die Spule gefüllt, so setzt sich die zugehörige Spindel 
ohne Zutun des Arbeiters still. Überhaupt sind nach dieser Richtung hin 
3 an den Kettenvorrichiungsmaschinen zahlreiche Erfindungen zu ver— 
zeichnen, welche bezwecken, die Tätigkeit der Maschinen mehr und mehr 
selbständig zu machen und dem ÄArbeiler immer weniger zur selben Zeit 
auszuübende Beobachtungen aufzuerlegen. 
Die Webstühle, welche bisher in Gebrauch sind, werden unterschieden 
in einfache oder Trittstühle, Schaftmaschinenstühle und Jacquardstühle. 
Viel Aufsehen erregte in den letzten Jahren ein russischer Stuhl, da er 
einer der genauest wirkenden und feinfühlendsten mechanischen Stühle 
ist, welche jemals hergestellt worden sind, weshalb er sich gerade für feine 
Garne und bessere Ware eignet. Aufänglich war er als halbmechanischer 
Stuhl gebaut, d. h. er war wie ein mechanischer Stuhl ausgerüstet und 
arbeitete auch wie ein solcher, aber sein Antrieb erfolgte nicht durch einen 
Riemen, sondern durch ein Trittbrett oder den Angriff an einer hin- und 
herbewegbaren Stange. Solche Stühle sollten infolge ihrer größeren 
Leistungsfähigkeit dem Handwerker die Konkurrenz mit dem mechanischen 
Stuhl möglich machen und so die mehr und mehr schwindende Haus— 
industrie retten. Die angestellten Versuche haben jedoch ergeben, daß dieses
	        
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