Das Mittelalter.
I. Bis zur Ausrichtung des deutschen National¬
staates (—919).
§ 4. Die germanischen Mittelmeerreiche»
1. Die große Völkerwanderung. Mit dem Aufgebot aller Kräfte
war es den römischen Kaisern gelungen, die Donau- und im ganzen auch
die Rheingrenze zu halten. Darum verzichteten die Ost goten vorläufig
auf die Ausdehnung nach Westen und gründeten unter ihrem König
Ermanarich (um 360) ein Reich im Osten, das von der Ostsee bis Ermauarich.
zum Schwarzen Meere reichte. Da brachen im Jahre 375 die der
mongolischen Rasse angehörigen Hirtenstämme der Hunnen über den Einbruch der
Don und gaben der germanischen Vorwärtsbewegung wieder die alte 6unnen 375'
Richtung auf das römische Reich. Ihrer schnellen, gewandten Art des
unermüdlichen Reiterkampfes waren die Goten nicht gewachsen; so er-
lagen ihre hochgewachsenen, von Kraft strotzenden, mutigen Streiter den
Angriffen der unansehnlichen, häßlichen Mongolen. Das Reich der Ost-
goten fiel auseinander Und sie mußten den Fremdlingen Heeresfolge
leisten. Auch die Westgoten (zwischen Theiß und Schwarzem Meere)
vermochten nicht den Anprall der asiatischen Scharen auszuhalten. Mit
kaiserlicher Erlaubnis überschritten sie die untere Donau. Nach der durch Die Westgoten
die Willkür einiger römischer Befehlshaber herbeigeführten Erhebung deru6S^u 376.bte
Goten, welche die Schlacht von Adrianopel (378) und den Tod des Schlacht von
Kaisers Valens zur Folge hatte, gewährte ihnen Theodosius bie ^eoSus™
Stellung von Verbündeten und wies ihnen nördlich des Balkan Wohn- Germanenpoiim.
sitze an. Jetzt erlangten Goten die höchsten Reichs- und Hofämter; der Einfluß
Wandale Stilicho erhielt die Hand einer Kaisertochter; er wurde, als ber^"en'
Theodosius sein Ende nahe fühlte, zum Vormund der jungen Augusti
Arkadius und Honorius bestellt (395). Der Aufstand Alarichs Marich 395.
belehrte aber die Römer, daß die Zeit der Einfügung der Germanen
in das Reich vorüber sei. Plünderungszug auf Plünderungszug erfolgte,
eine Provinz nach der anderen fiel in die Gewalt der das Reich durch-
wandernden Stämme. Zuletzt war nur noch Italien und das Land