Full text: Das Mittelalter und die Neuzeit (Teil 2)

128 Die Neuzeit. 
Sieben verschaffte er Frankreich bie österreichischen Besitzungen 
im LIsatz (§ 82, 5)/ 
2. Ludwigs XIV. selbständige Negierung. Nach Mazarins 
Tobe (1661) übernahm £ubtvig selbst bie Regierung. Mit Klugheit unb 
Tatkraft uollenbete er, was Richelieu unb Mazarin angebahnt hatten: bie 
Unumschränktheit ber Königsmacht im Inneren (Sein Ausspruch: „L'etat, 
c'est moi!") unb Frankreichs Übergewicht in (Europa. Zu biefer Macht 
verhalfen bem französischen König: 
1. bie Schwäche bes beutschen Kaisers £eopo!b I. unb ber Habs¬ 
burger in Spanien; 
coibert 2. bie Klugheit bes französischen Finanzministers (Tolbert, ber hanbel 
unb Gewerbe förberte, Verkehr unb Seewesen hob unb baburch bie 
Staatseinnahmen erhöhte ; 
3. bie Blüte ber französischen Kunst unb Wissenschaft; 
4. gewinnreiche Kriege („Raubkriege"), bie unter bem Kriegsminister 
couoois £ouvois von tüchtigen Felbherren, roie Curenne, donbe, Dauban 
(bem Festungsbaumeister), geführt würben. 
Versailles z. Der f)of zu Versailles. £ubwigs Macht offenbarte sich in 
seiner glänzenben Hofhaltung zu Versailles bei Paris. Der König schuf sich 
bort ein großartiges Schloß unb ausgebehnte Garten- unb Park¬ 
anlagen mit Wasserkünsten, Grotten unb Bilbwerken. Zahllose Höf¬ 
linge unb Diener umgaben hier ben „Sonnenkönig"; prunkvolle Fest¬ 
lichkeiten würben veranstaltet, unb alles vollzog sich nach strenggeregelter 
Etikette, bie man sorgsamer beobachtete als bas Sittengesetz. 
mSitenon Eine hohe Stellung errang sich an biesem Hofe bie Frau von 
Maintenon. Sie war bie Witwe eines Dichters unb als (Erzieherin an 
ben Hof gerufen. Durch ihr gewanbtes, geistreiches Wesen gewann sie 
immer größeren (Einfluß auf £ubwig unb würbe nach bem Tobe seiner 
ersten Gemahlin sogar seine Frau. RIs solche verschaffte sie ihren Günst- 
lingen vielfache vorteile. / 
ofeiotie Ein Muster von Schlichtheit unb Offenheit war bagegen Elisabeth 
Charlotte von ber Pfalz, bie Gemahlin von £ubwigs Bruber, bes 
Herzogs Philipp von Orleans. Um ber im 30 jährigen Kriege arg ge- 
schäbigten Pfalz bie Gunst £ubtvigs XIV. zu gewinnen, warb „£ifelotte" 
bem französischen Prinzen zur Gemahlin gegeben, ein „Opferlamm" ber 
Politik. Sie bewahrte sich an bem sittenlosen, heuchlerischen Hofe ihr 
schlichtes, beutsches Wesen unb sprach ihre £iebe zur Heimat in zahllosen 
borthin gerichteten Briefen aus; so schreibt sie: „Ich halte es für ein großes 
£ob, wenn man sagt, baß ich ein beutsches herz habe unb mein Daterlanb 
liebe; bies werbe ich, so Gott will, bis an mein (Enbe behalten."
	        
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