Aus der deutschen Kaiserstadt.
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uns lag der kreisrunde Belle-⸗Alliance-Platz, in dessen Mitte die von einer
Viktoria gekrönte Friedenssäule sich erhebt. Plötzlich ging eine lebhafte
Bewegung durch die Menge. Die Fußgänger blieben stehen und ordneten
sich in Reihen. Dahersprengende Schutzleute unterbrachen den Wagenverkehr.
Aller Augen blickten erwartungsvoll nach dem Tore, durch welches rauschende
Militärmusik hereindrang. Ein Regiment kehrte zurück, das draußen auf
dem Tempelhofer Felde, dem großen Exerzier- und Paradeplatze der Haupt⸗
stadt, geübt hatte. Geführt aber wurde es von dem obersten Kriegsherrn,
dem Kaiser, selbst. Dicht hinter dem Musikkorps ritt er, mit ernster Freund—
lichkeit die ehrfurchtsvollen Grüße seines Volkes erwidernd.
Das Brandenburger Tox.
4. Wir kehrten nach der Straße „Unter den Linden“ zurück. Am west—
lichen Ende derselben liegt das Braudenburger Tor. Dieses herrliche
Bauwerk wird von einer Siegesgöttin überragt, die sich aus einem von vier
Pferden gezogenen Kriegswagen erhebt. 1806 wurde dieses Kunstwerk von
den Franzosen nach Paris entführt, 1814 aber, besonders durch Blüchers
Einschreiten, wieder zurückgebracht. Seitdem trägt die Standarte der Viktoria
ein Eisernes Kreuz. Durch das Brandenburger Tor gelangt man in den
Tiergarten, einen ausgedehnten Park, der von zahlreichen Wegen durchkreuzt
wird. Gleich am Anfange desselben breitet sich der weite Königsplatz aus.
Herrliche Anlagen umgeben die in seiner Mitte errichtete Siegessäule, ein
Denkmal der Siege Kaiser Wilhelms J. Ihr gegenüber leuchtet die vergoldete
NQuppel des neuen Reichstagsgebäudes.