Full text: Erzählungen aus der Sage und Geschichte (Vorstufe)

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II. Lebensbilder. 
rufen wolle ober nicht, erklärte er, er könne nichts miberrufen, wenn 
er nicht „mit Zeugnissen aus ber Heiligen Schrift iiberrounben werbe", 
unb schloß mit ben Worten: „Ich kann nicht anbers, hier stehe ich, 
(Bott helfe mir! Rmen." Man riet nun bem Kaiser, er möge Luther 
gefangen nehmen; boch Karl lehnte bies ab. So konnte Cuther unter 
kaiserlichem Schutze von Worms abreisen. Dagegen war ber Kaiser fest 
entschlossen, Luthers Lehre auszutilgen unb sprach über ihn unb seine 
Anhänger bie Reichsacht aus; es würbe jebermann geboten, ihm roeber 
Aufnahme noch Hilfe zu gewähren, sonbern ihn unb seine Anhänger zu 
ergreifen unb bem Kaiser zur Bestrafung auszuliefern. 
6. Luther auf der Wartburg. Doch Luther war schon in 
Sicherheit. Sein Kurfürst Sriebrich ber Weise hatte veranlaßt, baß er 
auf seiner heimfahrt in ber Nähe von Eisenach im Hbenbbunfcel burch 
bewaffnete Ritter mit scheinbarer Gewalt aus bem Wagen gerissen unb 
auf bie Wartburg entführt würbe. Alle Welt meinte, Luther sei tot. 
Aber es ging ihm auf ber Wartburg ganz wohl. Er hieß bort Junker 
Jörg, trug einen ritterlichen Waffenrock, ließ sich einen Bart wachsen 
unb ging zuweilen mit auf bie Jagb. viel lieber aber saß er bei 
feinen Büchern unb Schriften, unb namentlich begann er bort bie Über¬ 
setzung ber Bibel in bie beutsche Sprache. Doch nach zehn Monaten 
vernahm er, baß unter seinen Anhängern in Wittenberg Schwärmerei 
unb Unorbnung ausgebrochen sei. Da verließ er bie Burg unb kehrte 
trotz Bann unb Acht nach Wittenberg zurück, wo er burch tägliche 
Prebigt bie Ruhe balb roieberherstellte. 
7. Die Begründung der evangelischen Kirche. Nun setzte 
Luther eine neue (Drbnung bes ©ottesbienstes fest. Das Haupt¬ 
stück bes neuen ©ottesbienstes würbe bie Auslegung ber heiligen Schrift 
burch bie prebigt. Für bie (Bemeinbe bichteten Luther unb seine Freunbe 
Kirchenlieber in beutscher Sprache. Jebem Mitglieb ber (Bemeinbe würbe 
bas Abenbmahl in beiberlei Gestalt gereicht, b. h. nicht nur Brot, 
sonbern auch ber Kelch mit bem Wein. Um jebem bas Lesen ber 
heiligen Schrift möglich zu machen, trieb Luther zur (Errichtung 
von Schulen; bie hauptlehren ber heiligen Schrift faßte er in zwei 
Katechismen zusammen, von benen ber große für bie prebiger unb 
Lehrer, ber kleine für bie Eltern unb Kinber bestimmt war. Er legte 
selbst bas Mönchskleib ab unb entschloß sich zur Vermählung mit 
Katharina von Bora (1525). 
viel Hilfe erhielt Luther bei seinen Arbeiten burch Philipp 
Melanchthon. Dieser stammte aus Bretten in Baben unb würbe wegen 
seiner Gelehrsamkeit schon mit 21 Jahren Professor in Wittenberg.
	        
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