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großen Zeiten beseelte, sich an mir und meinem Volke bewähren und
dasselbe mir auf meinen Wegen in Treue, Gehorsam und Ausdauer
fest zur Seite stehen!" Das zur Lösung dieser Aufgaben notwendige
starke, kriegstüchtige Heer fehlte, denn die Bevölkerung war feit 1814
von 12 aus 20 Millionen gestiegen, die Zahl der jährlich einzustellenden
Rekruten aber bei 40000 verblieben. Durch die Heeresverbesserung,
König Wilhelms erstes und wohl auch schwerstes Werk, erhielt Preußen
jährlich statt 40000 nun 63000 Mann, die Soldaten blieben fünf
Jahre in der Reserve, und bei einer Mobilmachung wurden die meist
verheirateten Landwehrleute nicht mehr sogleich einberufen. Diese gegen
den Willen der Mehrheit des Abgeordnetenhauses durchgesetzte Heeres¬
verbesserung schuf die Mittel zu Preußens Macht und des deutschen
Vaterlandes Einigung.
Bei den Kämpfen um diese Heeresverbesserung standen dem Könige
vornehmlich drei Männer als Ratgeber und Gehülfen zur Seite, welche
er sich mit richtigem Blicke erwählt hatte: der Ministerpräsident von
Bismarck, der Kriegsminister von Roon und der Chef des Generalstabes
von Moltke (Deutsche Jugend 6, Die Paladine des Kaisers Wilhelm).
Bismarck hatte als Bundestagsgesandter in Frankfurt a. M. die trau¬
rige Beschaffenheit des deutschen Bundes kennen gelernt und war zu
der Überzeugung gelangt, daß die für Deutschland und Preußen drin¬
gend nötige Verbesserung des deutschen Bundes ohne Krieg mit Öster¬
reich unmöglich sei. „Nur mit Blut und Eisen konnte die vom ganzen
Volke heiß ersehnte Einigung Deutschlands erreicht werden." Als kaum
die Neuordnung ins Werk gesetzt war, kam der Augenblick der Probe.
3. Der Schleswig-Holsteinsche Krieg 1864 und seine Folgen. 1864
Der dänische König Christian IX. hatte Schleswig von Holstein getrennt
und ganz mit Dänemark vereinigt und zugleich dänische Sprache sowie
dänisches Gericht gewaltsam eingeführt (S. S. 133). Jetzt aber war die
schwächliche Geduld Deutschlands gegen das kleine Dänemark zu Ende.
Der deutsche Bund beschloß gegen Christian IX. den Krieg, und
Preußen nahm in Gemeinschaft mit Österreich thatkräftig die Lösung
der Schleswig-Holsteinschen Frage in die Hand.
Den Oberbefehl führte zuerst der greife Feldmarfchall Wrottgel,
später ber „eiserne" Prinz Friedrich Karl von Preußen. Der letztere
erstürmte mit seinen Preußen nach tapferer Gegenwehr ber Dänen bte
für uneinnehmbar gehaltenen Düppeler Schanzen unb führte feine Truppen
unter bem Feuer eines großen bänifchen Kriegsschiffes nach bei* Insel
Alsen hinüber (Deutsche Jngenb 6, Das Lieb von Düppel). Die Dänen
müssen Frieben schließen und Schleswig-Holstein an Preußen und Öster¬
reich abtreten.
Aus diesem gemeinsamen Besitz entspann sich ein Streit zwischen
beiden deutschen Großmächten. Im Gasteiner Vertrage 1865 wurde
der Besitz so geteilt, daß Österreich Holstein, Preußen Schleswig erhielt.
Da aber Österreich damit umging, den Prinzen von Augnsteuburg, den
Vater unserer Kaiserin, als Herzog in Schleswig-Holstein einznsetzen,
Preußen aber die Errichtung eines neuen Kleinstaates an der Nord¬
mark mit eigenem Heere für Deutschland nicht ersprießlich hielt, da