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erst, nachdem er ihnen das Stapelrecht bewilligt hatte. Alle Schiffe,
welche vor der Stadt vorüberfuhren, mußten anlegen und ihre Ladung
den Bürgern zum Verkaufe anbieten. Damals suchte man nämlich im
Handel Verkäufer, heute Käufer.
Wieder war im Kampfe Otto von Nordheim der Führer von Hein¬
richs Feinden. Dieser brachte dem Kaiser einige Niederlagen bei, aber
in der dritten Schlacht, an der Elster 1080, erhielt Rudolf, wie man sagt,
durch Gottfried von Bouillon die Todeswunde; und so war Heinrich allei¬
niger Kaiser und erlangte fast allgemeine Anerkennung. Der Tod Rudolfs
wurde vom Volke als Gottesgericht angesehen, und Rudolf soll gesagt
haben, indem er auf seine abgeschlagene rechte Hand zeigte: „Dies ist
die Hand, mit der ich meinem Kaiser Treue geschworen habe."
5. Heerfahrt nach Italien. Jetzt konnte Heinrich daran denken, mit
dem Papste, der ihn so tief gedemütigt hatte, abzurechnen. Mit einem
stolzen Heere zog er 1081 nach Italien, das er einst als Büßer betreten
hatte, und eroberte Rom. Gregor zog sich auf die Engelsburg zurück,
ursprünglich das Grabmal des römischen Kaisers Hadrian, welches die
Päpste zu einer uneinnehmbaren Burg ausgebaut hatten. Hier wurde
er von Heinrich belagert, aber als die Deutschen, welche wie immer in
Rom durch das Fieber schwere Verluste erlitten, zur Erholung nach Ober-
Italien abgezogen waren, rief Gregor den Normannenherzog Robert zur
Hilfe herbei, denn dieser hatte Unter-Italien vom Papste als Lehen ge¬
nommen. Die Normannen hausten in der Stadt so furchtbar, und das
römische Volk wurde dadurch von solchem Grimm auch gegen den Papst
erfüllt, daß Gregor den abziehenden Normannen bald nach Salerno folgte.
Hier ist er 1085 gestorben, nachdem er auf dem Sterbebette gesagt: „Ich
liebte die Gerechtigkeit und haßte das Unrecht, deshalb sterbe ich in der
Verbannung." Er hatte sich vorgenommen, das Kaisertum ganz unter
die Herrschaft des Papsttums zu bringen. Das hat er nicht erreicht.
Heinrich ist also schließlich als Sieger aus dem Kampfe mit dem Papste
hervorgegangen, und der neue Bannstrahl 1080 hatte im deutschen Volke
nicht mehr gezündet.
6. Kampf mit dem eigenen Sohne und Tod. Als er aber nach
Deutschland zurückgekehrt war, erwartete ihn ein schrecklicher Kampf:
Sein eigener Sohn Heinrich (V.) empörte sich gegen den gebannten
Vater und nahm ihn durch List in einem Schlosse am Rhein gefangen.
Der Kaiser entkam und zog, als Pilger verkleidet, den Rhein hin¬
unter zu dem treuen Bischof von Lüttich. Als er hier ein Heer ge¬
sammelt hatte und gegen den Sohn ziehen wollte, ereilte den Viel¬
geprüften der Tod im Jahre 1106. Auch im Tode hatte er nicht Ruhe
vor dem Haß der Kirche. Unbeerdigt mußte sein Leichnam zuerst auf
einer Maasinsel, dann in uugeweihter Kapelle liegen, bis endlich der¬
selbe ungeratene Sohn Heinrich V. vom Papste die Befreiung vom Banne
erzwang und die feierliche Beisetzung im Dome zu Speier erwirkte.
(Deutsche Jugend 5, Die Glocken zu Speier. Der Mönch vor Hein¬
richs IV. Leiche.)