Full text: Grundriß der deutschen Geschichte für die mittleren Klassen höherer Lehranstalten

Die erste Theilung Polens. Uebersicht der Geschichte Baierns. §. 27. 123 
nichtunirte Griechen) wieder gleiche Rechte mit den Katholiken erhielten. 
Da sich gegen diese Bewilligung eine Conföderation erhob, so brach 
in Polen ein Bürgerkrieg aus, während zugleich die Türken, um den 
russischen Einfluß in Polen zu schwächen, einen Krieg mit Rußland 
begannen, der aber sehr zu ihrem Nachtheil ausschlug. Da die neue 
Vergrößerung des ohnehin schon so mächtigen russischen Reiches (durch 
die Krim) die Eifersucht der benachbarten Mächte, Oesterreichs und 
Preußens, erregte, so vereinigte sich Rußland mit diesen beiden 
Mächten zur (ersten) Theilung Polens 1772, bei welcher Oester¬ 
reich Galizien und Lodomirien als ein eigenes Königreich, Rußland: 
den östlichen Theil von Litthauen (bis zur Düna und dem Dniepr), 
Preußen: das im Thorner Frieden (1466) an Polen abgetretene 
Westpreußen (außer Danzig und Thornj, das (von Ostpreußen um- 
schlossene) Bisthum Ermeland und den „Netzdistrikt" (Großpolen bis 
zur Netze) erhielt. Der König und der Reichstag wurden ge- 
zwungen, diese Länder — ein Dritttheil ihres bisherigen Gebietes — 
abzutreten. 
2 Der baierische Erbfolgestreit (1778 u. 1779). 
Uebersicht der Geschichte Baierns bis 1778. 
Die Baiern, welche nach dem Untergange des weströmischen Reiches wahr- 
scheinlich in einem Schutzverhältnisse zu dem ostgothischen Reiche gestanden hatten, 
unterwarfen sich, bei dessen drohendem Untergange, der Oberhoheit der fränkischen 
Könige und standen unter der unmittelbaren Regierung von Herzögen aus dem 
Hause der Agilolsinger (554 788), die ihren Sitz meistens in Regensburg 
hatten. Der letzte dieser Herzöge war jener Thassilo II., der von Karl dem Großen 
absallen wollte und die Avaren gegen ihn zu Hülse rief (s. S. 25). Auf einem 
Reichstage zu Ingelheim ward er wegen Hochverrates zum Tode verurtheilt, jedoch 
Karl begnadigte ihn und verwies ihn in ein Kloster. Baiern verlor nun auch den 
letzten Schein seiner Unabhängigkeit, die Herzogswürde ward abgeschafft und das 
Land (von der Jller bis an die Enns) in eine fränkische Provinz verwandelt 
Räch dem Aussterben der Karolinger (911) wurde die Herzogswürde wieder her- 
gestellt. König Heinrich I. brachte den ersten dieser neuen Herzöge, Arnulf 
zur Anerkennung der Lehnshoheit des deutschen Reiches. Als Herzog Heinrich II. 
der Zänker sich an einer Verschwörung zur Entthronung des Kaisers Otto II. be¬ 
teiligt hatte, verlor er sein Herzogthum an Otto von Schwaben, den Neffen 
Ottos II., der also die beiden südlichen Herzogthümer vereinigte, doch wurde da- 
mals die Ostmark, das nachmalige Oesterreich, davon getrennt. Als Heinrich der 
Lowe wegen seines Absalls von Kaiser Friedrich I. Barbarossa das Herzogthum 
Barem verlor erhielt dieses der baierische Pfalzgraf Otto von Wittelsbach, 
desien Sohn Ludwig 1215 von Friedrich II. auch mit der Psalzgrasschast am 
Rhem belehnt wurde. Ludwig's beide Enkel (Ludwig und Heinrich) theilten 1255 
ixe durch Vielsache Erwerbungen vermehrten Wittelsbachischen Besitzungen in
	        
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