Vierter Zeitraum.
Das deutsche Reich vom Beginnen der Reformation bis zum
westfälischen Frieden, 1517—1648.
§. 19.
Vom Beginnen der Kirchentrennung bis zum Augsburger
Religionsfrieden, 1517—1555.
Die nächste Veranlassung zur großen Kirchentrennung in Deutsch-
land gab der Dominikaner Johann Tetzel als Verkündiger des vom
Papste Leo X. zur Vollendung der Peterskirche ausgeschriebenen Ab-
lasses. Gegen ihn trat Dr. Martin Luther (geboren zu Eisleben
1483, Augustinermönch und Professor der Theologie an der neu ge-
stifteten Universität Wittenberg) mit seinen 95 Sätzen (Theses) auf,
welche er am 31. October 1517 an der Schloßkirche zu Wittenberg
anschlug und welche vorzüglich gegen die unwürdige und übertriebene
Anpreisung des Ablasses gerichtet waren. Der Papst forderte ihn
auf, sich (binnen 60 Tagen) in Rom zu verantworten, gab aber auf
die Verwendung des Kurfürsten Friedrich des Weisen von Sachsen
und der Universität Wittenberg zu, daß die Sache in Deutschland
auf dem damals zu Augsburg versammelten Reichstage, durch einen
päpstlichen Bevollmächtigten, den Cardinal Cajetan, beigelegt werde.
Als aber dieser Luthern nicht zum unbedingten Widerrufe' bewegen
konnte und auch eine Disputation, welche Dr. Eck, Professor der
Theologie zu Ingolstadt, mit Luther zu Leipzig hielt, keine Einigung
herbeiführte, vielmehr Luther in seinen Schriften sich immer weiter
„ von den Lehren der katholischen Kirche entfernte, so erschien auf Eck's
Vorstellungen eine päpstliche Bulle, welche 41 aus Luther's Schriften
gezogene Sätze verdammte und ihn mit dem Kirchenbanne bedrohte,
wenn er nicht innerhalb 60 Tage widerrufen würde. Diese Bulle
verbrannte Luther vor dem (Elster-) Thore zu Wittenberg (10. De-
cember 1520), worauf er nebst seinen Anhängern nun wirklich mit
dem Kirchenbanne belegt wurde.