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Doch ist er auch klein, so ist er nicht faau Vom Balkon ruft Pipin mit donnern—
Zu trotzigem, stolzem Befehle. dem Laut:
Und wohl vernimmt's der wackre Pipin, Ihr mannlichen, trotzigen Krieger,
Bemerkt, wie die Grollenden flüstern, Da schaut ein Kampfspiel, ein würdiges,
Mit Murren folgend gen Welschland ziehn, schaut!
Ihm säumig gehorchen und frevelhaft kühn Wer sich zu meßen mit diesem getraut,
Sich mürrischer täglich verdüstern. Den nenn' ich den ersten der Sieger.
Und stark im Geiste, gewaltig und klug, Und ein Zischeln, ein Murmeln, ein Mur—
Erwägt er's mit weisen Gedanken. ren erklingt,
Sei heut' des Weges, der Mühen genug, Dumpf nur im Beginnen und leise;
Gehemmt der Scharen gewaltiger Zug! Bald, wie wenn, stärker und stärker beschwingt,
Errichtet zum Fechtspiel die Schranken! Mit wogenden Fluten die Windsbraut ringt,
Herbei gebracht den gewaltigen Leu! So sauset's und brauset's im Kreise.
Den Kämpfer will ich ihm stellen!' Und kecklich empor tritt Gerhard vom Stern,
Wohl seltsam scheint die Bestellung und neu, Der frechste der frechen Kumpane:
Und mit Neugier murmeln, es murmeln mit Der Vortanz verbleibe dem König und Herrn!
Scheu Auf, tanze denn, Hoheit, wir laßen dir's gern,
Die trotzigen, stolzen Gesellen. Herab von dem sichern Altane!'
Rings wird der mit Gittern umhegt. So sei's' spricht Pipin, und sich schwin⸗
Dahinter die Sitze der Ritter, gend im Satz,
Erhaben des Königs Balkon — da frägt Springt der Kurze, doch markig und sehnig,
Wohl jeder, zu Unmuth und Sorgen erregt: Vom Balkon herab auf den sandigen Platz.
Wie schwach doch, wie schwankend das Gitter! Auf, Bruder Leu, auf, wetze die Tatz'!
Ein Ruck mit der mächtigen Tatz', und Auf, König, dich fordert ein Königl!'
es fällt, Und schlägt ihn mit flacher Kling' auf den
Und das Ungeheu'r sitzt uns im Nacken. Bug
Doch der dort oben, der winzige Held,. Und erregt ihm den Grimm in der Seele.
Wohl hat er sich trefflich sicher gestellt, Auf schnellt der Leu, wuthschauernd, im Flug;
Zu schaun, wie die Krallen uns packen!' Doch dringt, eh die Tatze, die zuckende, schlug,
Und der Leu wird gebracht im vergitter· Das Schwert durch den Rachen zur Kehle.
ten Haus, Und das Blut entsprudelt dem grausigen
An der Schranke geöffnet das Pförtchen, Schlund,
Und der Thiere König, er schreitet heraus, Und über sich stürzt er und wendet
Und die Ritter erfaßt nun Schrecken und Drei-, viermal die Augen rollend im Rund,
Graus, Drei⸗ viermal geiselt der Schweif den Grund;
Und keiner redet ein Wörtchen. Und er streckt sich und zuckt und verendet.
Doch zweifelnd sieht sich der Löwe befrein Stolz schauet der König im Kreise herum;
Und reckt in der Freiheit die Glieder Und die Ritter athmen beklommen
Und schreitet getrost in die Schranken hinein Und blicken zu Boden erstaunt und stumm;
Und zeigt der Zähne gewaltige Reihn, Und der Hohe dreht sich verachtend um —
Laut gähnend, und strecket sich nieder. Und kein Murren ward weiter vernommen.
St. Bonifazius.
Aus dem Festkalender von Pocci und Görres.
München und Wien. U, Hefts, Nr. 1.
Von dem Inselland im Norden Es die alte Nacht durchdrungen
Wird gerühmt in alten Tagen, Und Apostel ohne Zahl
Wie es Christi Flur geworden, Ausgesandt zu allen Zungen;
Wie es reiche Frucht getragen, Edler doch ist nichts entsproßen,
Wie mit heil'gem Morgenstrahl Reicher dort kein Quell gefloßen