§• 546. 547. Verfassungskämpfe in der pyren. Halbinsel u. in Italien. 385
Monarchen eingeladen, König Ferdinand von Neapel einfand, wurde be-
schlössen, die constitutione Verfassung in Neapel gewaltsam umzustürzen.
Ferdinand billigte das Vorhaben. Ein österreichisches Heer rückte ein; die Sf
muchlosen Truppen Pepe's und Carascosa's wurden schnell überwältigt und
theils zersprengt, theils zur Ergebung gebracht, worauf der König die con-
stitutionelle Verfassung wieder aufhob. Von nun an verband sich die Prie-
ftermacht und das auf Miethsoldaten und Polizeiwesen gestützte absolute
Königthum zur Unterdrückung jeder freien Regung durch Geistesdruck und
Furcht. — Dieser Ausgang entschied das Schicksal der piemontesischen Con¬
stitution. Zwar widerstanden die von Santa Rosa begeisterten Liberalen
nicht ohne Ruhm bei Novara den Gegnern; aber ihre Stärke war bald
gebrochen. Turin und Alessandria wurden von den Oesterreichern besetzt und
die unbeschränkte Königsmacht in ihrer strengsten Form und mit allen Fol-
gen der Reaction auch im Königreich Sardinien wieder hergestellt.
§• 546. Nicht viel glänzender war der Ausgang der spanischen
(5 ort es. Als die Liberalen ihren Sieg mißbrauchten, die königliche Gewalt
übermäßig beschränkten und gegen die Klöster, die bevorzugten Stände und die
altherkömmlichen Einrichtungen und Gewohnheiten heftige Schläge führten,
reizten die Priester und die Anhänger des absoluten Königtums das Volk
zunl Kampfe auf. Ein blutiger Bürgerkrieg drohte die unglückliche Nation
aufs Neue zu zerfleischen. Da stellten die Glieder der heiligen Allianz auf
dem Kongreß von Verona an die Cortes in Madrid die Forderung, ihre
Verfassung abzuändern und dem Könige größere Gewalt einzuräumen. Trotzig
wiesen die demokratischen Stände diese Anmuthung ab. Nun rückte ein fran-
Msches Heer unter dem Herzog von An g oulem e über die Pyrenäen. Um-
sonst riefen die Cortes das Volk unter die Waffen; die constitutionelle Freiheit
war für die von Priestern und Mönchen geleitete Masse ein unverstandenes
Wort und die neue Ordnung ihren Gewohnheiten und Gefühlen zuwider; der
Volkskrieg, die alte ruhmreiche Guerilla, auf welche die Cortes ihr
Vertrauen gesetzt, kam nicht zu Stande, der Pöbel und die Camarilla begrüßten
die Franzosen als Retter von der verhaßten Herrschaft der Freimaurer. Ver¬
gebens widerstanden einzelne Führer, wie Mino, in Barcelona, Quiroga
in Leon, mit Much uno Tapferkeit dem fremden Kriegsheer; die Soldaten
zeigten wenig Kampflust und suchten sich durch Capitulationen bei Zeiten sicher
m stellen. Die Franzosen zogen siegreich in Madrid ein und ernannten, da
Die Cortes sich mit dem König nach dem Süden geflüchtet hatten, eine Re-
gentschaft. Das feste Cadix war der letzte Zufluchtsort der Versassungs-
freunde; vor diese Stadt rückten nunmehr die Franzosen. Da entsank den
^ortesmitgliedern der Much; statt, wie sie früher großsprecherisch geäußert,
ich unter den Trümmern der Stadt zu begraben, schlössen sie mit den Be-
lagerern einen Vertrag, worin sie in ihre Auflösung willigten und den König "äS"*
m Freiheit setzten. Durch fremde Bajonette wurde Ferdinand VII. nunmehr
wieder in feine Machtfülle eingeführt; die Verfassung mit allen ihren Ein¬
richtungen trat außer Wirksamkeit und die apostolische Partei ließ alle
Jiuth- und Racheacifter auf ihre Gegner los. Riego und viele feiner 7. *„»
Meinungsgenossen starben durch die Hand des Henkers; Tausende irrten als
vrot- und heimathlose Flüchtlinge und Verbannte in der Fremde umher;
?mt) eine gleich große Zahl mußte in moderigen Kerkern das Streben büßen,
oem Volke die Zustände und Einrichtungen m rauben, an die es durch drei»
hundertjährigen Despotismus gewöhnt woroen.
, §• r>47. Der klägliche Ausgang der spanischen Cortesversassung feuerte
Portugal die Königin (Ferdinands VII. Schwester) und ihren zweiten
Weber, Weltgeschichte. 25