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Alte Geschichte.
auf. Aber an eigentlichen Prachtbauten als den Zeugen des mächtigen
Aufschwungs, den Athen genommen, fehlte es noch. Hier griff Perikles ein.
Er gab die Anregung u. a. zum Bau des herrlichen Parthenon und der
stolzen Propyläen sowie des Odeums (Musikhalle) und zum weiteren
Ausbau von Piräushafen zu einer modernen Stadt mit rechtwinklig
sich schneidenden, geraden Straßen und allen für einen Kriegs- und Handels-
Hafen erforderlichen Bauten, als Werften, Zeug-, Zoll-, Kauf- und
Lagerhäusern, Getreidehallen und der Börse (Delgma d. i. Vorzeighalle oder
Warenmusterlager). Diese und andere Bauten gaben vielen Händen dauernde,
lohnende und ehrende Beschäftigung. Athen war aber nicht bloß Handels- und
Fabrikstadt, es wurde jetzt auch die Stadt der bildenden Künste, die
Stadt der Dichter und Denker, die Nachfolgerin Milets. Phidias,
Äschylus, Sophokles, Eunpides und Aristophanes, Protagoras und Sökrates,
Herodöt und ThukMdes: sie alle verkehrten im Hause des Perikles und
seiner geistreichen Gemahlin Aspasia. —
§ 8. Athen wurde ferner die Stadt der Fremden, die sich teils vorüber-
gehend, teils dauernd als Metoken hier niederließen. Andererseits versorgte
Perikles Tausende armer oder wenig begüterter Bürger in den Kleruchien
oder Bürgerkolonien, die er namentlich (449—445) im Bundesgebiet an¬
legte, wo er den Kleruchen Landgüter anwies, von deren Pachtertrag sie
dann in Athen besser leben konnten. Wir finden solche Kolonien z. B. auf
Euböa, auf Lemnos und Jmbros, an den Dardanellen, an den Küsten des
Schwarzen Meeres, in Unteritalien (Thürii: 445). Am wichtigsten für
Athen waren aber seine Handelsverbindungen mit den Pontusländern.
Getreide, Sklaven, Vieh, Fische, Früchte, Salz, Häute, Erze, Bauholz,
Harz, Hanf bezw. Flachs wurden von dorther eingeführt, fertige Waren
aller Art dorthin ausgeführt. —
§ 9. All dies verschaffte dem Perikles bei hoch und nieder Be-
wunderung und Verehrung. Nur „die Wenigen" (Oligarchen) nahmen An-
stoß daran. Sie erklärten es für eine arge Vergewaltigung der Hellenen, daß
Perikles im Bundesgebiet Kolonien anlege und mit den Bundesgeldern nach
Gutdünken schalte und walte, und beantragten ein Scherbengericht gegen ihn
(445), aus dem er aber als Sieger hervorging, was zur Folge hatte, daß nun
die Antragsteller ihrerseits auf zehn Jahre ins Ausland mußten. Wer andern
eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Die Stellung des Perikles aber war
jetzt nur umso fester. Seine reiche staatsmännische Erfahrung, sein männlicher
Charakter, seine Umgänglichkeit, die Macht seiner Rede: das alles zusammen
verschaffte ihm einen solchen Einfluß auf die Bürgerschaft, daß Athen zwar
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