Die kirchlichen Zustände im Zeitalter der Renaissance. — Luther. 157
schon im Februar 1520 mußte er bekennen: „Ich Tor habe, ohne es zu
wissen, alle Lehren von Johannes Hus gelehrt und gehalten; wir sind
aber alle Hufiten, ja Paulus und Augustinus sind bis aufs
Wort Husiteu." Und Luthers Freimut ging so weit, daß er erklärte:
„Hus ist ein großer Märtyrer Christi, und man möge ihn mit Ehren wohl
heilig nennen." Und nun war Luther auch überzeugt, daß die Sache des
Evangeliums nicht ohne Tumult, Ärgernis und Ansrnhr aus-
geführt werden könne. Wenigstens schrieb er in diesem Sinne an seinen
Freund Spalatin (Februar 1520). Die Geister mußten sich scheiden und
entscheiden. Die Reformation drohte fchon jetzt mit einer Kirchentrennung
anzufangen. Luther felbst aber war entschlossen, mit dem päpstlichen Stuhle
und der katholischen Kirche für immer zu brechen. Und an Ulrich von
Hutten fand er einen begeisterten Mitstreiter. „Schon ist die Axt an die
Wurzel gelegt," rief der Ritter allen Freien in Deutschland zu. „Der
Weinberg des Herrn wird gereinigt werden. Das sollt ihr nicht mehr
hoffen, fondern in kurzem mit Augen feheu."
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