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und man seinem Gefolge den Eintritt versagte. Als Herr war er auf-
genommen, als Gefangener ward er behandelt. Nicht lange darauf ver-
anlaßte man den Unglücklichen vor einer Versammlung, in welcher der
ungetreue Sohn den Vorsitz führte, zu Ingelheim zu erscheinen; dort
gab er gezwungen die Kroninfignien, dort seine Schlösser, sein Erbe,
sein Reich hin. Da rief Heinrich wehmuthsvoll aus: „Ich leide für die
Sünden meiner Jugend, wie noch kein Fürst gelitten hat; aber eure
That wird nicht gerechtfertigt durch meine frühere Schuld."
Auch der Regierung hatte sich der Kaiser für unwürdig erklären
müssen, dann blieb er nach Auflösung der Versammlung in der Pfalz
zu Ingelheim zurück, um hier als Privatmann seine Tage zu beschließen.
Als aber der ungerathene Sohn auch die Freiheit seinem Vater nicht
gestatten zu wollen schien, sondern sich anschickte, ihn unter Aussicht zu
stellen, entwich der Kaiser zu Schiffe nach Köln und von da nach Lüttich
zu seinem Freunde, dem Bischöfe Otbert. Hier sammelte er ein Heer
und war im Begriff, seinen unnatürlichen Sohn zu züchtigen. Da be-
freiste ihn der Tod (1106) von einem Leben, welches fast nur eine un-
unterbrochene Kette von Leiden und Widerwärtigkeiten gewesen war.
Aber selbst nach dem Tode kam der Gebannte nicht zur Ruhe. Der
Bischof von Lüttich hatte seine Leiche in einer Kirche feierlich beisetzen
lassen. Weil aber der König im Banne gestorben war, so ward der
Bischof gezwungen, sie wieder ausgraben zu lassen. An ungeweihter
Stelle, ohne Seelenmessen, ohne alle Feierlichkeiten, stand jetzt des Ge-
bannten Leiche auf einer einsamen Insel in der Maas. Rur ein einziger
aus Jerusalem herzugekommener Mönch betete hier und sang, ohne je
den Tobten zu verlassen. Neun Tage später wurde sie mit des jungen
Heinrich Bewilligung in einem steinernen Sarge nach Speyer gebracht.
Unbegraben stand hier die Leiche in der ungeweihten St. Afra-Kapelle;
aber das Volk dieser Gegenb, welches den König ungemein geliebt hatte,
wallfahrtete unter lautem Jammer zu jener Stätte. Erst nach fünf
Jahren (Uli) wurde der Bann vom Papste zurückgenommen, und nun
die Leiche des Kaisers zu Speyer feierlich beigesetzt an der Seite seiner
treuen Gemahlin Bertha.
38. Heinrich V. (1106-1125).
So lange Heinrich V. der Hülfe des Papstes beburfte, um seinem
alten Vater bte Krone vom Haupte zu reißen, hatte er ihm völlige Un-
terwürsigkeit geheuchelt; jetzt, wo ihm sein Bubenstück gelungen war,