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Heimath zurück zu bringen, das er wie das kostbarste Kleinod stets mit
Liebe und Inbrunst verehrte.
So lange die Araber Herren von Palästina waren, nahmen sie diese
friedlichen Wallfahrten, die ihnen Vortheil brachten, in Schutz. Auch
sie hatten Ehrfurcht vor der heiligen Stadt; denn nächst Mohammed
galt auch Christus bei ihnen für einen göttlichen Propheten. Als aber
die seldschnckischen Türken, ein rohes und wildes Volk von dem östlichen
Ufer des kaspischen Meeres, um das Jahr 1072 dieses Land eroberten,
sahen sich sowohl die eingeborenen Christen als auch die Wallfahrer
harten Drangsalen und Mißhandlungen jeder Art ausgesetzt. Denn
jene Barbaren wußten die Vortheile friedlichen Verkehres nicht zu
schätzen. Kaum sicher in ihren neuen Eroberungen, fürchteten sie der
fremden Wanderer große Menge. Während des Gottesdienstes stürzten
oft ganze Haufen jener Barbaren in die Kirchen, übertäubten mit wil-
dem Lärm die frommen Gebete und Gesänge der Christen und besudelten
schamlos die hl. Altäre und Gefäße. Die Diener der Kirche wurden
gestoßen und geschlagen, selbst der ehrwürdige Patriarch von Jerusalem
wurde einst bei seinen grauen Haaren vom Altare hinweggerissen, um
für seine Loslassung ein hohes Lösegeld zu erpressen. Strenger als je
forderte man von den Pilgern, deren Vermögen durch die weite Reise
fast immer schon erschöpft war, eine hohe Abgabe für die Erlaubniß,
Jerusalem zu betreten. Die Einwohner der Stadt konnten nicht Jeden
unterstützen, und so sah man die Pilger zu Tausenden vor den Thoren
liegen und alle sehnsuchtsvoll die Hände ausstrecken. Im Angesichte des
ersehnten Heiligthnmes verschmachteten viele vor Hunger und Blöße,
ohne es je zu betreten. Immer lauter und dringender wurden die
Klagen in Europa über die Leiden der Pilger. Selbst der griechische
Kaiser in Constantinopel bat den Papst Gregor VII., die abendländischen
Fürsten zum Beistande gegen den übermüthigen Feind des christlichen
Glaubens aufzufordern. Schon war dieser thatkrästige Papst entschlossen,
das Werk der Befreiung des heiligen Landes einzuleiten, ja er hatte
schon die nöthigen Vorkehrungen dazu getroffen, als durch den leidigen
Streit, in welchen er mit dem deutschen Kaiser verwickelt wurde, das
Unternehmen zu seiner tiefen Bekümmerniß sich völlig zerschlug.
42. Peter von Amiens.
Um diese Zeit, im Jahre 1093, trat ein schlichter Mann aus dem
nördlichen Frankreich die Wallfahrt nach Palästina an, nach seinem