Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

— 140 — 
der Burg seiner Residenzstadt Braunschweig aufgestellt hatte, eben- 
sowohl als Sinnbild seiner Raubsucht und Herrschsucht, wie seiner Kraft 
gedeutet werden. Er wurde deshalb vor des erzürnten Kaisers und sei- 
ner Feinde Richterstuhl auf mehre Reichstage vorgeladen, allein er er- 
schien nicht. Da wurde er zur Strafe seiner Herzogtümer und anderer 
Lehen verlustig erklärt, und so die Macht des Hauses Welf gebrochen. 
Sachsen erhielt Gras Bernhard von Anhalt, Sohn jenes Albrecht des 
Bären, welcher den ersten Grund zu Brandenburgs Größe legte; Bayern, 
jedoch im verminderten Umfange, bekam der tapfere, den Hohenstaufen 
treu ergebene Pfalzgraf Otto von Wittelsbach, Stammvater des noch 
jetzt regierenden bayerischen Hauses. 
Aber der stolze Löwe sah nicht so ruhig der Theilung seiner Befitznn- 
gen zu. Er griff zu den Waffen. . Allein er war der vereinigten Macht 
des Kaisers und der Fürsten nicht gewachsen. Geschlagen eilte er nach 
Erfurt, warf sich dort seinem Kaiser zu Füßen und bat um Gnade. Da 
gedachte Friedrich des Tages zu Chiavenna und des Wechsels der mensch- 
lichen Schicksale. Gerührt und mit Thränen in den Augen hob er sei- 
nen ehemaligen Freund und Waffengefährten auf und sprach: „Dennoch 
bist du selbst die Ursache deines Unglückes!" Er begnadigte ihn, jedoch 
unter der Bedingung, daß er drei Jahre lang das beleidigte Vaterland 
meide, und ließ ihm seine Stammgüter, Braunschweig und Lüneburg. 
Heinrich der Löwe begab sich, von wenigen Dienern begleitet, im Früh- 
lmge des Jahres 1182 zu seinem Schwiegervater, dem Könige Heinrich II. 
von England, nicht ahnend, daß sein Stern, nachdem er in Deutschland 
untergegangen war, glanzvoll dereinst in England wieder aufgehen 
würde. Denn fünfhundert Jahre nachher bestiegen seine Nachkommen 
den englischen Thron. 
Unterdessen war die Zeit des Waffenstillstandes mit den Lombarden 
abgelaufen. Allein das gegenseitige Unglück hatte beide Parteien zu 
milderen Gesinnungen gebracht. Im Jahre 1183^ kam deshalb auf dem 
Reichstage zu Kostnitz ein förmlicher Friede zu Stande. Durch diesen 
Frieden hatte der Kaiser zwar sein Ansehen als Reichsoberhaupt auch in 
Italien gerettet, aber sein ursprünglicher Plan, für welchen er so lange 
gestrebt und gewirkt, war vereitelt. Nun zog der Kaiser zum letzten 
Male, aber friedlich, nach Italien und wurde von den Lombarden über- 
all mit Jubel empfangen. Auch mit dem Könige der Normannen in Un-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.