Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

— 166 — 
nicht od'er doch nur schlecht getroffen hatte. Oft auch vertauschte der 
Ritter seine gebrochene Lanze mit einer andern; mancher brach sogar 
fünfzig Lanzen an einem Tage. Nach dem ersten Kämpferpaare wurde 
das zweite aufgerufen, dann das dritte, vierte, und so ging es weiter, 
meist drei Tage, oft aber auch Wochen lang. Manchmal traten die 
Ritter auch scharenweise gegen einander auf. Wenn die Ritter abge¬ 
treten waren, hielten wohl die Knappen ein sogenanntes Gesellen¬ 
stechen. 
Den Beschluß der Ritterspiele machte die Verkeilung des Dankes, 
d. h. des Preises. Dieser wurde nach dem Ausspruche der Kampfrichter 
demjenigen Ritter ertheilt, welcher sich am meisten ausgezeichnet hatte. 
Er galt eben so viel, als ein Sieg auf dem Schlachtfelde. Unter dem 
Schalle der Pauken und Trompeten wurde der Name des Siegers mit 
lauter Stimme ausgerufen. Dann nahete sich dieser ehrerbietig den 
Damen, welche den Dank vertheilten, und empfing auf den Knieen aus 
schöner Hand irgend ein theures Kleinod, einen Helm, oder ein Schwert, 
oder eine goldene Kette, oder einen Ring und dergl. Pauken und Trom¬ 
peten erklangen dabei auf's Neue. Es ward nun der Sieger feierlich 
unter gewaltigem Zulaufe der schaulustigen Menge in das Schloß ge¬ 
führt. Hier empfingen ihn huldvoll die Edelfrauen, nahmen ihm die 
schwere Rüstung ab und schmückten ihn mit den prachtvollsten Festkleidern. 
Am Abend war große Tafel und großer Festball. Der Sieger hatte 
heim Festmahle einen reich verzierten Ehrenplatz; er eröffnete auch 
den Ball. 
Außer dem Lanzenstechen gab es noch viele andere Spiele, nicht allein 
zu Pferde, sondern auch zu Fuß. Die Turniere wurden überhaupt mit 
der Seit immer glänzender. Eins der prachtvollsten gab der Markgraf 
von Meißen, Heinrich der Erlauchte, zu Nordhausen. Dort hatte 
er in der Mitte eines großen Platzes, auf welchem das Turnier gehalten 
wurde, und der einen Lustgarten vorstellte, einen ansehnlichen Baum 
von Silber mit goldenen und silbernen Blättern errichten lassen. Jeder 
Ritter, der seinen Gegner aus dem Sattel hob und zur Erde nieder- 
streckte, erhielt zum Danke aus schöner Hand ein goldenes Blatt. Hatte 
aber an ihm der Gegner vergeblich seine Lanze zersplittert, und war er 
selbst fest im Sattel geblieben, so wurde ihm zum Danke ein silbernes 
Blatt gereicht. Acht Tage lang dauerte dieses Turnier abwechselnd mit 
Tänzen und Gastmahlen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.