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den griechischen Kaiser Zeno zittern gemacht. Mit schwerem Gelde kaufte
dieser ihnen Verträge ab ltnb erhielt zur Sicherheit den jungen Theo-
dorich, den Sohn des ostgothischen Königes, als Geißel an seinen Hof.
Dieser Aufenthalt gab dem regen, kühnaufstrebenden Geiste des Jung-
lings neue Nahrung. Achtzehn Jahre alt kehrte er, mit großen Planen
in der Seele, zu seinem Volke zurück und ward allgemein als König an-
erkannt. Mit steigender Angst beobachtete der Kaiser den unternehmungs-
lustigen Jüngling und suchte ihn aus der gefährlichen Nähe seines Reiches
zu bringen. Er gab ihm daher den Rath, nach Italien zu ziehen und
dieses schöne Land der angemaßten Herrschaft Odoaker's zu entreißen.
Der Rath gefiel ihm. An der Spitze seines Volkes, mit Weib und Kind
und aller Habe, brach er aus, um sich in Italien niederzulassen. Odoaker
erschrak nicht wenig über diese Nachricht. Schnell eilte er mit seinem
Heere herbei, um bem einbringenben Völkerstrome noch zur rechten Zeit
einen festen Damm entgegen zu stellen. Vergebens! In mehren Schlach¬
ten geschlagen floh er nach Ravenna nnb suchte hinter ben Mauern seiner
Hanptstabt Schutz unb Sicherheit. Drei Jahre lang vertheibigte er sich
hier mit bewunberungswürbiger Tapferkeit unb vereitelte alle Angriffe
seiner Feinbe. Dann erst, als bie Roth auf's Höchste gestiegen war,
ergab er sich auf bie Bebingung, baß er Leben unb Freiheit behalten
solle. Aber schon wenige Tage nachher warb er mitten unter ben Freu-
den eines Gastmahles von Theoborich treulos umgebracht (493).
So kam um bas Jahr 493 Italien unter bie Herrschaft ber Ostgothen.
Diese nahmen ben dritten Theil ber Länbereien, welchen schon Oboaker
seinen Ausläubern gegeben hatte, als Kriegessolb nnb lebten, burch
ganz Italien zerstreut, nach ihren volkstümlichen Gesetzen unb Weisen.
Theoborich war ein wahrer Wohlthäter für Italien, unb nicht mit
Unrecht ist ihm ber Name bes Großen beigelegt. Unter ihm lebte bas
ansgeplünberte unb vielfach zertretene Lanb sichtbar wieber auf. Weise
Gesetze wachten über Orbnung unb Gerechtigkeit; unter ihrem Schutze
blüheteu Hanbel unb Gewerbe fröhlich wieber empor. Auch würben für
Künste unb Wissenschaften Schulen eröffnet. Ganz Italien freuete sich
seines neuen Herrschers unb sah hoffnungsvoll einer noch schöneren Zu¬
kunft entgegen. Aber nur kurz war biese Freube, eitel biese Hoffnung.
Denn mit Theoborich ging auch balb bie Blüthe bes Reiches wieber
unter. Er starb, ohne Söhne zu hinterlassen, im Jahre 526, nachbem
er zwei unb breißig Jahre weise unb kräftig regiert hatte. In ben Sa-