— 37 —
werfen siebenmal Steine in das Thal Mina. Diese Gebräuche haben
sich bis jetzt erhalten.
Mohammed's Eltern starben früh. Sie hinterließen ihm eine nur
unbedeutende Erbschaft. Nun nahm sein Großvater den sechsjährigen
Knaben zu sich, und drei Jahre später sein Oheim Abu Tal ib. Dieser
war ein thätiger Kaufmann, der in seinen Geschäften weite Reisen machte,
auf welchen ihn sein Zögling begleitete.
Der feurige Knabe wuchs indeß in voller Schönheit zum Jünglinge
heran und zog aller Augen auf sich. Sein majestätisches Aeußere, die
Würde und Hoheit, die in seinen Mienen lagen, das Feuer, welches aus
seinen schwarzen Augen blitzte, die Freundlichkeit im Umgange, seine hin¬
reißende Beredsamkeit zogen Aller Augen auf ihn und ließen den künf¬
tigen Herrscher ahnen. Vom fünf und zwanzigsten bis zum vierzigsten
Jahre führte er mit großer Thätigkeit und Treue die Handelsgeschäfte
einer reichen Wittwe, Namens Chadidja. Aus Dankbarkeit gab diese ihm
ihre Hand und machte ihn dadurch' zu einem reichen Kaufmanne. In
ihren Geschäften hatte er oft weite Reifen gemacht, mit Karavanen ferne
Länder durchzogen und die Menschen und ihre Sitten fleißig beobachtet.
Mit tiefem Schmerze sah er den Verfall vaterländischer Sitten und die
Zwistigkeiten der Stämme untereinander. Da trieb ihn sein Geist in die
Wüste. Ganze Tage brachte er in düsteren Höhlen und schauerlichen Fel-
senklüften zu. Sein geheimnißvolles Wesen erfüllte die Seinigen mit
wunderbaren Ahnungen. Dort in stiller Einsamkeit verloren sich seine
Gedanken in Grübeleien über Religionsgegenstände. Der Glaube, in
welchem er erzogen war, die Lehre Moses' und Christus' gingen an feiner
Seele vorüber; aber keine dieser Lehren befriedigte fein Gemüth. Den
Glauben seines Volkes, welches die erschaffenen Werke als Götter anbe-
tete, erkannte er bald als Thorheit. Die mosaische Lehre war ihm zu
engherzig und feindselig. Auch die christliche Religion sprach ihn nicht
an; denn ihren wahren Geist hatte er nicht gefaßt. Er hatte sie auf sei-
nen Reisen bei den Griechen in Kleinasien kennen gelernt, dort aber lei-
der nur heftige Religionsstreitigkeiten der einen Partei gegen die andere,
nicht aber den Geist christlicher Liebe und Duldsamkeit gefunden. Dem-
nach faßte er den Entschluß, der Begründer einer neuen Religion zu
werden, die, wie er meinte, durch bie Verschmelzung der drei Hauptreli-
gionen die vollkommenste sein und das gesunkene Volk seines Landes in
verjüngter Kraft wieder erheben sollte. Einen Anhang suchte er sich da-