Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

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Zorn des Siegers entwaffnen. Am 7. Mai hielt er seinen Einzug in 
Begleitung des geächteten Pfalzgrafen Friedrich. Beinahe ganz Bayern 
war in seinen Händen und wurde furchtbar gebrandschatzt. Im deutschen 
Reiche schaltete nunmehr ein fremder König mit mehr Gewalt, als je 
der Kaiser selbst, uui> das Ende der Dinge war nicht abzusehen, da kein 
kaiserliches Heer vorhanden war, um den Fortschritten des noch jüngst 
verhöhnten Schneeköniges Einhalt zu thun. Auch die Sachsen 
hatten unter ihrem Feldherrn Arnheim so glückliche Fortschritte ge¬ 
macht, daß ihr Kurfürst schon am 1. November 1631 in Prag als Sieger 
feierlich einzog. Bei dem Andrange so ungeheurer Noth sollte Wal¬ 
lenstein abermals der Netter werden. 
34. Gustav Adolf gegen Wallenstein. 
Schlacht bei Lützen am 16. November 1632. 
Gustav Adolf's Tod. 
Während jener Vorgänge lebte der entlassene Kriegesheld auf seinen 
Gütern in Böhmen und Mähren und sah von fern dem Kriegesspiele zu, 
voll Schadenfreude über dessen Wechsel; denn sein Herz kochte vor 
Rache. Obgleich er selbst von den geringfügigsten Vorfällen des Krieges 
die genaueste Kunde einzog und auch mit dem Kaiser in brieflichem Ver¬ 
kehr blieb; so nahm er doch den Schein an, als sei ihm das wilde Ge- 
treibe nunmehr völlig gleichgültig, als lebe er in seiner jetzigen Lage 
höchst zufrieden und glücklich. An seinem Hofe herrschte kaiserliche 
Pracht. Er ließ sich täglich von sechzig Edelknaben in hellblauem Sammet 
mit Gold, und von zwanzig Kammerherren, von denen einige sogar des 
Kaisers Dienste verlassen hatten, bedienen. Eine Leibwache von fünfzig 
Mann, mit Hellebarden bewaffnet, stand in seinem Schloßhofe. Drei¬ 
hundert auserlesene Pferde fraßen in seinen Ställen aus marmornen 
Krippen. Er gab die glänzendsten Feste und sah es gern, wenn Alle um 
ihn herum sich der ausgelassensten Fröhlichkeit überließen, während er 
selbst stets ernst und finster blieb. Er sprach wenig und beobachtete mit 
argwöhnischem Blicke jeden Anwesenden. Er war groß und stark gebaut, 
kleine aber feurige Augen blickten unter seiner hohen Stirn stolz hervor. 
Gewöhnlich trug er einen Reitkoller von Elenshaut, eine rothe Leibbinde 
und einen scharlachenen Mantel; auf dem Kopfe einen hoch aufgestutzten 
Hut mit einer herabwallenden rothen Straußfeder, an den Füßen große 
Stulpstiefel. Mit einem geheimen Grausen blickten die Wachen auf,
	        
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