Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

Besserung des Lebens zu denken. Gern mochte er deshalb auch für einen 
solchen Zettel eine kleine Geldmünze hingeben und sich des bequemen 
Mittels freuen, seiner ganzen Sündenschuld auf einmal sich entledigt 
zu glauben. Die Kirchen und Beichtstühle mußten alsdann immer leerer, 
die Unwissenheit und Gottlosigkeit des Volkes immer größer werden. 
Da wäre es nun die Pflicht der Ablaßprediger gewesen, die irrthümliche 
Auffassung der Lehre vom Ablasse auf Seiten Schlechtunterrichteter zu 
berichtigen. Statt dessen aber haben gewiß Manche dieselbe absichtlich 
unterhalten, um eine reichere Geldeinnahme zu machen. Das mußte 
alle Einsichtigeren mit Unwillen erfüllen. Keiner ist durch eine unwür¬ 
dige Anpreisung des Ablasses berüchtigter geworden, als der Dominika¬ 
ner Johann Tetzel aus Leipzig, im Jahre 1517. 
3. Ausbruch der Reformation. 
Luther 1517. —Zwingli. Calvin. 
Der Papst Julius II. hatte den großen Plan gefaßt, in der Haupt¬ 
stadt der christlichen Welt zu Ehre des Apostelfürsten Petrus eine pracht¬ 
volle Kirche, die größte und schönste der Welt, zu erbauen, und zwar in 
der Art, daß die gestimmte Christenheit durch vereinte Mittel und Kräfte 
diesen Prachtbau als Ausdruck ihrer frommen gläubigen Einheit her¬ 
stellen sollte. Zu diesem Ende ließ er und sein Nachfolger Leo X. in allen 
Ländern für Jene, welche in wahrer Reue ihre Sünden beichten und zu 
diesem frommen Werke des Kirchenbaues einen milden Beitrag leisten 
würden, in herkömmlicher Weife einen vollkommenen Ablaß verkünden. 
Mit der Ausführung dieser Verkündigung in Deutschland wurde der 
Kurfürst Albrecht von Brandenburg, Erzbifchof von Mainz und Magde¬ 
burg, beauftragt, welcher das Geschäft dem Dominikanerorden empfahl. 
Von diesem ward der vorerwähnte Johann Tetzel als Ablaßprediger 
ausgesandt, der sich mit seinen Genossen bald über ganz Sachsen verbrei¬ 
tete. Nicht zufrieden, den Ablaß von der Kanzel herab zu verkündigen, 
sollen sie ihn sogar auf Straßen und Märkten, in Wirths- und Privat¬ 
häusern, wie eine gemeine Waare öffentlich zum Verkaufe ausgeboten 
haben. Mag auch Manches, was über eine solche marktschreierische 
Thätigkeit Tetzel's und seiner Genossen berichtet wird, entstellt und weit 
über das Maß der Wirklichkeit hinaus vergrößert worden sein, auf jeden 
Fall ermangelte ihr Verfahren bei Anpreisung des Ablasses der gehöri¬ 
gen Würde und gab Anstoß. Es stand zu erwarten, daß, sobald nur
	        
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