Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

1. Einleitung. 
gleichwie das Mittelalter der Knospe zu vergleichen ist, die ihrer Ent¬ 
faltung hoffnungsvoll entgegentreibt; so hält uns die Geschichte der 
neueren Zeit, an deren Eingänge wir hier stehen, die Blume selbst 
vor, welche, obschon durch heftige Stürme in ihrer freien Entwickelung 
oft aufgehalten und bedroht, sich doch nach und nach in anmnthiger 
Schöne entfaltet. Durch die vielen vorhergegangenen Erfindungen und 
Entdeckungen war der menschliche Geist von allen Seiten mächtig ange¬ 
regt worden und strebte immer weiter voran, die seinen freien Flug noch 
hemmenden Schranken zu durchbrechen. Die Erfindung des Com- 
passes, dieses geheimnißvollen Führers durch spurlose Wasserwüsten, 
hatte die entlegensten Völker der Erde in enge Verbindung mit einander 
gebracht. Die kaum entdeckte neue We lt führte ihre reichen Erzeug¬ 
nisse nach Europa und gab hier dem Handel und Gewerbefleiße eine nie 
gesehene Blüthe. Städte und Länder gewannen seitdem an immer stei¬ 
gender Bevölkerung; gesetzliche Ordnung und Verfeinerung der Sitten 
traten allmälig an die Stelle der früheren Ungebundenheit und Rohheit. 
Durch den großen Verkehr ward die Erd- und Himmelskunde erweitert, 
der alte Aberglaube in immer engere Schranken gewiesen. Die Erfindung 
des Pulvers hatte die rohe Kraft des Einzelnen gebändigt und die 
Kriegeskunst zu einer Wissenschaft erhoben, die viele Vorkenntnisse er¬ 
fordert. Ueberall wurden stehende Heere errichtet, und so größere 
Sicherheit von Innen und Außen gewonnen. Das durch das Fauftrecht 
früher so zerrüttete Deutschland insbesondere neigte sich jetzt durch seinen 
allgemeinen Landfrieden und durch sein stehendes kaiserliches 
Kammergericht zum inneren Frieden und zur Ordnung. Der Unter¬ 
gang des oströmischen Reiches hatte eine Menge gelehrter Grie¬ 
chen nach Italien geführt, und dieses, einst in Künsten und Wissenschaf¬ 
ten so blühende, dann aber von streifenden Kriegshorden vielfach zer¬ 
tretene Land war noch einmal die Bildungsschule aller europäischen Völker 
geworden. Das dort wieder erwachte Studium der Werke des 
klassischen Alterthums verbreitete bald seinen Einfluß auf alle 
Weiter's Wcltgesch. III. 24 Aufl. -i
	        
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