Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

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ihm nach Jnnspruck kommen; er ließ sich dort sogar eine Woh¬ 
nung miethen, ja er reisete schon dahin ab, kehrte aber unter 
dem Vorwande einer Krankheit bald wieder zurück. Endlich, 
als alles zur Ausführung reif war; als der französische König 
Lothringen mit Krieg überzogen und bereits die Städte Metz, 
Toul und Verdun besetzt hatte; und als von der anderen Seite 
die Türken verheerend in Ungarn einfielen; da warf er die Maske 
ab und flog mit Sturmeseile herbei, so daß er den Kaiser, der 
zu Jnnspruck krank an der Gicht darniederlag, fast ereilt hätte. 
Karl, überrascht und betroffen, entließ sogleich den Kurfür¬ 
sten Johann Friedrich (mit welchem der berühmte Maler Lukas 
Kranach die Gefangenschaft freiwillig getheilt und durch seine 
Gesellschaft sehr erleichtert hatte) seiner Haft und entkam, in 
einer Seufte getragen, nur von wenigen Dienern begleitet, mit¬ 
ten in der Finsterniß einer stürmischen Nacht, die nur durch 
vorgetragene Fackeln dürftig erhellt ward, über steile Felsen 
und Klippen von Jnnspruck nach Villach in Kärnthen. Welch' 
mannigfaltige Gefühle mußten in dieser Nacht sich seiner Seele 
bemächtigen! Er, der mächtigste Herrscher der Erde, von dessen 
Wasfenthaten drei Welttheile Zeugen waren, den noch jüngst 
Fürsten fußfällig um Gnade gestehet hatten, floh jetzt einsam 
und verlassen, wie ein aufgescheuchtes Wild, über unwegsame 
Pfade, vor einem deutschen Fürsten, den er selbst aus dem 
Staube gehoben hatte! Nur eine Meuterei in Moritzens Heer 
konnte ihn vor Gefangeuschast retten. 
Passau er Vertrag (1552). — Dieser Unfall sank tief 
in das Gemüth des alternden Kaisers. Von nun an gab er 
alle Hoffnung auf, den Religionszwiespalt auf irgend einem 
Wege zu beschwichtigen. Darum bot er die Hand zum Frieden 
mit dem Abtrünnigen, vorzüglich damit er mit ungeteilter 
Macht wider den schlimmsten Reichsfeind, die Franzosen, ziehe. 
In Passau, uuter der Vermittelung des römischen Königes Fer¬ 
dinand, wurde am 31. Juli 1552 der Vertrag geschlossen: „die 
Protestanten sollten, bis auf einem Reichstage die Religio ns-
	        
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