Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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schnell die Belagerung aufheben, daß er sein Lager den Flam- 
men preisgab. 
^Dieser mißlungene Versuch schlug jedoch den Muth und die 
Hoffnung des Kaisers nicht darnieder; denn er erwartete noch 
den Anzug mehrer deutschen Fürsten, vor allen aber Heinrich 
des Löwen, seines tapfersten Waffengefährten in den früheren 
Feldzügen. Mehre Fürsten kamen auch, nur der Löwe nicht 
Dieser hatte der alten Klagen noch nicht vergessen, die sein Haus 
gegen die Hohenstaufen führte. Friedrich, dem in dieser Noth 
Alles an dem Beistände des mächtigen Herzoges lag, lud ihn 
zu einer Unterredung ein, und Heinrich begab sich wirklich mit 
seinem Gefolge nach Chiavenna am Comer-See. Hier erinnerte 
ihn der Kaiser an die vielen Beweise von Freundschaft und 
Lieoe, die er ihm gegeben, an die Länder, die er ihm zugewandt 
hatte, und bat und flehete, er möge ihn in diesem verhängniß- 
vollen Augenblicke, wo des Vaterlandes Ehre auf dem Spiele 
stehe, nicht verlassen. Umsonst! der stolze Löwe blieb ungerührt. 
Zuletzt warf sich ihm der Kaiser sogar zu Füßen und umfaßte 
flehend die Kniee des Unerbittlichen. Auch diese Demüthigung 
beugte des Stolzen Sinn nicht. Da nahete sich dem Kaiser 
würdevoll seine Gattin und sprach: „Lieber Herr, stehe auf! 
Gott wird dir Hülfe leisten, wenn du einst dieses Tages und 
dieses Hochmuthes gedenkest." Und der Kaiser erhob sich, Hein- 
rich aber ritt trotzig nach Deutschland zurück. 
Unterdessen kamen die Lombarden mit einem gewaltigen 
Heere von Mailand herangezogen. In ihrer Mitte führten sie 
das Heiligthum der Stadt, Carroccio genannt. Dieses war 
ein rother Wagen, von welchem sich ein eiserner Baum mit 
eisernen Blättern erhob. Auf der Spitze des Baumes stand ein 
großes Kreuz, auf dessen Vorderseite der segnende Ambrosius, 
Mailands Schutzheiliger, abgebildet war. Eine auserlesene 
Schar von neunhundert Bürgern hatte es übernommen, diesen 
Heerwagen der fotctdt zu vertheidigen. So zogen sie, ihren 
Schutzheiligen in der Mitte, muthig zum Kampfe aus. Bei
	        
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