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versehen. Unter ben Meistern unb Gesellen selbst entstaub ein
ebeler Wetteifer, ein Bestreben, es jebem anberen zuvor zu
thun, unb eine Art bürgerlicher Ehre, welche auf ber Achtung
beruht, bie jeber bem geschickten Arbeiter vor bem ungeschickten
Zollt. Selbst unter ben verschiebenen Zünften entstaub ein reger
Wetteifer, inbem bie eine vor ber anberen höheren Rang unb
höhere Berechtigung sich zu erwerben suchte.
Wie bie Abeligen ihre Namen führten von ben Schlössern,
fo erhielten bie Bürgerlichen ihren Namen entroeber von ihren
Gewerben, z. B. Müller, Bäcker, Gärtner, Weber, Schuster,
Schneiber, Schmibt; ober von gewissen Eigentümlichkeiten, z. B.
Breitkopf, Groß, Klein, Kraus, Schwarz, Lang, Kurz, Klug.
Diese Namen bezogen sich zwar anfangs nur auf bie, welche
fte bekommen hatten, würben aber nachher Familiennamen.
Flor ber Stäbte. — Von Italien aus erhielten zur
Zeit ber Kreuzzüge Schifffahrt unb Hanbel ben ersten neuen
Schwung. Venebig erhob sich als Freistaat zu einer Blüthe,
bie an bie schönste Zeit Alt - Griechenland erinnert. Diese
merfwürbige, gleichsam schwimmenbe Stabt, welche aus ber Ver¬
einigung mehrer, burch Brücken unb kunstvolle Gestabe mit ein-
anber verbunbener Inseln entstauben war, schickte ihre Schiffe
in alle Meere aus unb schwang sich zu einer staunenswerthen
Höhe ber Macht unb bes Reichthnms empor. Herrliche Kir¬
chen, glänzenbe Paläste, kühne Wasserbauten machten bie Jn-
selstabt zu einem Wuuber ber Welt. Venebigs stolze Neben¬
buhlerin war Genua. Ihre glänzenben Marmorpaläste, ihr
mit einem Walbe von Masten bebedter Seehafen, ihre Wech¬
selbank unb anbere herrliche Einrichtungen gaben glänzenbe
Zeugnisse von bem großen Neichthnme ber Stabt. Neben bie-
fen waren Pisa unb Arnalfi bamals bie vorzüglichsten Han-
belftäbte ber ganzen Welt. Sie unterstützten bie Kreuzfahrer
auf ihren Zügen burch Lieferungen von Transportschiffen, Le¬
bensmitteln unb Kriegsbebürfuiffen, unb benutzten biefe Gele¬
genheit, sich zugleich in ben neuen Erbtheilen Hanbelszweige zu