Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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dringenden Völkerstrome noch zur rechten Zeit einen festen Damm 
entgegen zu stellen. Vergebens! In mehren Schlachten geschla- 
gen floh er nach Raven na und suchte hinter den Mauern seiner 
Hauptstadt Schutz und Sicherheit. Drei Jahre lang vertheidigte 
er sich hier mit bewunderungswürdiger Tapferkeit und ver- 
eitelte alle Angriffe seiner Feinde. Dann erst, als die Noth 
auf's Höchste gestiegen war, ergab er sich auf die Bedingung, 
daß er Leben und Freiheit behalten solle. Aber schon wenige 
Tage nachher ward er mitten unter den Freuden eines Gast- 
mahles von Theodorich treulos umgebracht (493). 
So kam um das Jahr 493 Italien unter die Herrschaft 
der Ostgothen. Diese nahmen den dritten Theil der Län- 
dereien, welchen schon Odoaker seinen Ausländern gegeben 
hatte, als Kriegessold und lebten, durch ganz Italien zerstreut, 
nach ihren volkstümlichen Gesetzen und Weisen. 
Theodorich war ein wahrer Wohlthäter für Italien, und 
nicht mit Unrecht ist ihm der Name des Großen beigelegt. 
Unter ihm lebte das ausgeplünderte und vielfach zertretene 
Land sichtbar wieder auf. Weise Gesetze wachten über Ord- 
nung und Gerechtigkeit; unter ihrem Schutze blüheten Handel 
und Gewerbe fröhlich wieder empor. Auch wurden für Künste 
und Wissenschaften Schulen eröffnet. Ganz Italien freuete sich 
seines neuen Herrschers und sah hoffnungsvoll einer noch 
schöneren Zukunft entgegen. Aber nur kurz war diese Freude, 
eitel diese Hoffnung. Denn mit Theodorich ging auch bald 
die Vlüthe des Reiches wieder unter. Er starb, ohne Söhne 
zu hinterlassen, im Jahre 526, nachdem er zwei und dreißig 
Jahre weise und kräftig regiert hatte. In den Sagen und 
Liedern der folgenden Jahrhunderte wurde er noch lange als 
der Held Diedrich von Bern (so nannten die Deutschen 
seine Hauptstadt Verona) gefeiert. 
Seine Nachfolger erbten nur den Thron, nicht aber des 
Stifters Geist, der allein ihm Dauer und Festigkeit hätte 
Weiter'« Weltgesch. II. 25. Aufl. o 
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