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Herzoge und Grafen schalteten eigenmächtig, rissen die Krön-
guter an sich und achteten weder Gesetz noch Recht. Zu den
Gräueln im Innern kamen noch von Außen die verwüstenden
Einfälle der Magyaren. Ein großer Jammer erscholl durch das
ganze Land. Zu seinem und des Reiches Glück starb das Kind
gar bald, im Jahre 911, und mit ihm erlosch der Stamm Karl
des Großen in Deutschland. Glorreich hatte dieses Fürsten-
geschlecht begonnen, ruhmlos endete es.
Jetzt bedurfte das deutsche Volk eines weisen und tapferen
Königes. Aller Augen waren auf Otto, Herzog von Sachsen,
gerichtet; ihm trug man die Krone an. Er lehnte sie aber
unter der Versicherung ab, sie sei für sein graues Haupt zu
schwer, und empfahl mit ebeler Selbstverläugnung den rüstigen
fränkischen Grafen Konrad. Auf seine Empfehlung wurde dieser
im Jahre 911 zum Könige von Deutschland gewählt.
Konrad I. regierte sieben Jahre, von 911 bis 918. Es
gelang ihm bei dem besten Willen nicht, das Reich im Innern
zu beruhigen und nach Außen zu sichern. Zuerst empörten sich
die Lothringer, die mit seiner Wahl unzufrieden waren. Sie
sagten sich von Deutschland los und verbanden sich mit Frank-
reich. Diese Trennung verursachte langwierige Kriege zwischen
den Deutschen und Franzosen. Konrad konnte auf zwei Feld-
zügen nur Elsaß dem Reiche erhalten, und Lothringen blieb
fortan der Zankapfel zwischen diesen beiden Völkern. Auch
gegen trotzige Vasallen hatte er zu kämpfen, besonders gegen den
mächtigen Herzog Heinrich von Sachsen, den Sohn und Nach-
folger des vorgenannten Otto. Zudem erneuerten die Ungarn
ihre verwüstenden Einfälle. Während Konrad sich rüstete, die-
sen entgegen zu ziehen, starb er, tief bekümmert, für seine
Bemühungen so wenig Früchte geerntet zu haben.
Wie sehr ihm des Vaterlandes Wohl am Herzen lag, davon
gab er noch auf dem Sterbebette einen schönen Beweis. Heber-
zeugt, daß nur der kräftigste Arm das drohende Verderben vom
Reiche abwenden könne, schlug Konrad in großmüthiger Ver-