Full text: Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

manchen schien es fast, als ob sie ihr geistliches Amt als ein bloßes 
Mittel zur Erreichung irdischer Zwecke betrachteten. Das Beispiel von 
oben wirkte verderbvoll auf die Untergebenen. Ein Teil der niederen 
Geistlichkeit versank in Unwissenheit und Unsittlichkeit; das Volk verlor 
immer mehr die Achtung gegen die Religion und ihre Diener, klagte 
über die Reichtümer der Kirche und die großen Geldspendungen an die 
päpstliche Schatzkammer und rief laut um Abstellung vieler wahren und 
eingebildeten Beschwerden, die seit Jahren der Gegenstand vergeblicher 
Vorstellungen gewesen waren. 
In diesen Zeiten der Verwirrung und Bedrängnis der Kirche ist es 
jedoch erfreulich zu sehen, wie ein großer Teil der Geistlichkeit, durch- 
drungen von der Hoheit seines Berufes, mit echt apostolischem Eifer 
durch Lehre und Beispiel sich gegen die eingeschlichenen Mißbräuche 
stemmte. Mit ihm vereinigten alle Gutdenkenden den Wunsch und die 
Hoffnung, daß die Übel durch eine allgemeine Kirchenversammlung 
abgestellt, und die Kirche in Haupt und Gliedern erneuert würde. Zu 
diesem Zwecke wurden mehre Kirchenversammlungen gehalten, zu Pisa 
1409, zu Kostnitz 1414, zu Basel 1431, im Lateran 1511. Auf diesen 
Konzilien wurde zugleich den herrschenden Mißbräuchen eine Reihe von 
Verordnungen entgegengestellt, die klar bewiesen, daß die versammelten 
Väter die auf der Kirche lastenden Übel nicht verkannt hatten, und daß 
es ihnen nicht an gutem Willen fehlte, dieselben zu heilen. Es ließ sich 
daher auch erwarten, daß, gleichwie die Staatsverhältnisse nicht auf ein- 
mal, sondern nach und nach, auf dem ruhigen Wege der Entwicklung, 
sich neu gestaltet hatten, so auch die Kirche allmählich und deshalb um so 
gründlicher von den Fehlern und Gebrechen der Zeit geheilt werden 
würde. Aber mitten unter den Versuchen und Entwürfen hierzu fiel 
plötzlich ein Funke in den so reichlich angehäuften Brennstoff und ent- 
zündete diesen zur furchtbaren Flamme, die mit reißender Schnelligkeit 
teils verzehrend, teils läuternd sich über viele Länder verbreitete; es 
war der Mißbrauch, der mit der Verkündigung eines Ablasses in 
Deutschland getrieben wurde. 
In den ersten Zeiten pflegte die Kirche für gröbere Übertretungen 
der göttlichen Gebote strenge Bußwerke anzuordnen, um die zeitlichen 
Sündenstrafen abzubüßen. Zur Sühne des gegebenen Ärgernisses 
wurden für öffentliche Sünden auch öffentliche Bußwerke auferlegt. So 
wurde den Büßern die Teilnahme an dem öffentlichen Gottesdienste
	        
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