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Aber bald urteilte der König anders über den Kronprinzen. Frie¬
drichs Geist entwickelte sich früh und glänzend; eine glühende Liebe zu
den Wissenschaften und Künsten erfüllte sein Inneres und ließ bald eine
tiefe Kluft zwischen dem Sohne und dem Vater erscheinen, dem solches
bei seinem nüchternen, praktischen Wesen als nutzlose Tändelei erschien.
Dazu mißhagte dem Prinzen die karge Sparsamkeit des Vaters; er gab
gern und reichlich, wie zur Linderung der Not Hülfsbedürftiger, so für
seine eigenen Neigungen, die sich auf Ankauf von Büchern und von
Kunstgegenständen, aber auch auf die Beschaffung einer reichen und
glänzenden Kleidung erstreckten. Den Liebhabereien des Vaters, der sich
über Tag mit der Besichtigung der Truppen befaßte und des Abends
gern in dem berühmten sogenannten Tabaks - Kollegium vergnügte,
schien der Prinz wenig Geschmack abzugewinnen und er ließ solches oft
deutlich genug in seinen Mienen lesen. Darüber schalt dann der König,
der sich äußerte, der Prinz sei hochmütig und habe zu nichts Lust, als
seinem eigenen Kopfe zu folgen. — Vollends verdroß den Vater die
Liebe des Sohnes zur Musik und namentlich zum Flötenspiel und seine
Bewunderung, welche er der Dichtkunst zollte. In solchem Unmute
äußerte er einstens: „Fritz ist ein Querpfeifer und Poet, er macht sich
nichts aus den Soldaten und wird mir meine ganze Arbeit verderben."
In den Augenblicken solcher Verstimmung, welche den König bei seinem
heftigen Wesen um so mehr ergriff, als er fürchtete, Friedrich würde
dem Kriegsruhme seiner Ahnen abtrünnig werden, ließ sich der Vater
selbst zu argen Mißhandlungen des Prinzen hinreißen. Oft brach dieser
hierüber in bittere Klagen gegen die Schwester aus und verschwieg selbst
n'cht, daß er gewillt sei, einer solchen Behandlung auf die eine oder die
andere Weise ein Ende zu machen. Er dachte aber dabei daran, sich
seinem Vater durch die Flucht zu entziehen.
Es war im Jahre 1730, als König Friedrich Wilhelm I. eine Reise
nach Süddeutschland machte und dem Kronprinzen befahl, ihn auf dieser
Zu begleiten. Dieses erachtete der Prinz für eine günstige Gelegenheit,
seinen Fluchtplan endlich zur Ausführung zu bringen. Zu diesem Zwecke
setzte er sich mit zwei befreundeten Offizieren, dem Lieutenant y njfatt.e,
in Berlin und dem Lieutenant von Keitli in Wesel, ins Einvernehmen,
"^on^insheim, zwischen Deilbronn'und Heidelberg, sollte die Flucht vor
sich gehen, und beide Freunde" hatten den Auftrag, ihm dabei behülflich
ZN sein. Eine ungenaue Adresse auf einem Briefe an den Lieutenant