Full text: Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

beben auseinander geworfen sei; dennoch verteidigte sich der holländische 
Befehlshaber, General Chasse, innerhalb dieser grauenvollen Trümmer 
mit unerschütterlichem Mute. Als aber ein furchtbarer Brand entstand, 
wodurch die letzten Lebensmittel der Garnison ein Raub der Flammen 
wurden; als alle Hoffnung auf Entsatz verschwunden war: da erst fügte 
sich der General der Notwendigkeit und ergab sich am 22. Dezember. 
Gleich am Tage darauf stattete der General Görard und die beiden fran¬ 
zösischen Prinzen dem General Chassv einen Besuch ab. Mit Mühe ge<. 
lang es ihnen, über die Schutthaufen uud die Mauertrümmer sich einen 
Weg zu bahnen nach der Kasematte, in der er sich befand. Mit Hoch- 
achtung näherten sie sich dem Helden und reichten ihm die Hand. „Ich 
ehre den Mut überall, — sagte zu ihm G^rard — und diese Ruinen 
sind die schönsten Zeugen des Ihrigen!" Die Citadelle wurde alsdann 
von den Franzosen an die Belgier übergeben, und die Besatzung gefan- 
gen nach Frankreich abgeführt. Gleich darauf zog sich auch das franzö- 
fische Heer wieder zurück. 
Durch die Eroberung der Citadelle wurde jedoch der Streit zwischen 
Holland und Belgien seiner Entscheidung fast um nichts näher gebracht. 
Noch immer standen die beiden Völker bewaffnet einander gegenüber. 
Erst im Jahre 1839 kam durch die Teilung von Luxemburg und Lim- 
bürg zwischen den beiden Ländern eine friedliche Auseinandersetzung 
zu stände. 
Revolution in Polen, im November 1830. — Mit dem Sturze 
Napoleons war ber Polen letzte Hoffnung für die Wiederherstellung ihres 
Reiches zertrümmert. Der Wiener Kongreß gab bie Provinz Posen 
wieber an Preußen, erklärte Krakau zum Freistaate unb überließ bas 
verkleinerte Herzogtum Warschau mit 3 600 000 Einwohnern unter dem 
Titel „Königreich Polen" beut Kaiser Alexander von Nußland. 
Dieser Fürst wünschte die Polen mit ihrem Mißgeschicke zu versöhnen, 
indem er ihnen eine Verfassung gab, die sie vor allen Provinzen seines 
Reiches auszeichnete. Allein das Andenken an die glorreiche Zeit der 
Väter, und das Gefühl, jetzt von einem fremben Machtgebieter abhängig 
zu sein, verhiuberte bte Aussöhnung mit ber Gegenwart. Im gemein- 
famen Unglücke war bie Kluft, welche früher bie Parteien trennte, längst 
geschlossen. Die Gährung ber Gemüter steigerte sich von Jahr zu Jahr. 
Um so heftiger wirkten beshalb bie aufrührerischen Vorgänge anberer I
	        
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