— 330 —
hatte. Die Linientruppen traten aus die Seite der Bürger, und der alle
Lasayette stellte sich wieder, wie im Jahre 1789, an die Spitze der Na-
tionalgarde. Alsbald versammelten sich die Deputierten, erklärten die
ganze ältere Linie der Bourbons des Thrones verlustig und ernannten
den Herzog von Orleans, unter dem Namen Ludwig Philipp (1830
bis 1848), zun: „Könige der Franzosen". Jedoch führte dieser Herrscher¬
wechsel nicht sogleich Nnhe herbei, indem die Karlisten oder Anhänger
der vorigen Regierung und die Republikaner sie abwechselnd unter-
brachen. Die Vendve insbesondere blieb lange der Herd karlistischer
Umtriebe. Mit Mühe übte deshalb Ludwig Philipp die königliche Ge-
walt über ein Volk, dem er seine Erhebung verdankte, und dem er
immer größere Freiheiten bewilligen sollte.
Karl X. wurde mit seiner Familie von Deputierten bis an die Grenze
Frankreichs begleitet und schiffte sich nach England ein. Im Herbste
1832 begab er sich nach Österreich, wo er gastfreundliche Ausnahme
fand und ein Schloß bei Prag bezog. Er ernannte seinen Enkel, den
Herzog von Bordeaux, Sohn des ermordeten Herzoges von Berry, zum
König von Frankreich, unter dem Titel Heinrich V. Karl selbst starb im
Jahre 1838.
Dritte (Februar-) Revolution 1848, — Es gibt in der neueren
Geschichte kaum ein Jahr, das reicher an erschütternden Ereignissen
wäre, als das Jahr 1848. Im Februar desselben ging wiederum von
Frankreich und, wie immer, von seiner tonangebenden Hauptstadt eine
Revolution aus, die schon nach Monatsfrist ihren Weg durch halb Em
ropa gemacht hatte.
Um eine Reform oder Umänderung in den Wahlgesetzen für die
Deputierten-Kammer durchzusetzen, durch welche das Wahlrecht auf eine
größere Zahl von Personen ausgedehnt werden sollte, waren bereits seit
1847 in ganz Frankreich von der Fortschrittspartei sogenannte Reform-
Bankette angeordnet worden, Festmahle, bei welchen die WahlreforM
gepredigt, und die Regierung auf das heftigste angegriffen wurde. R e
form war das Stichwort für alles, was jeder Unzufriedene wünschte.
Ein solches Resorm-Bankett sollte am 22. Februar auch in Paris
halten werden. Alle Einrichtungen waren bereits getroffen, die ganze
Stadt war in Aufregung. Um einer möglichen Gefahr vorzubeugen,
erschien am Tage zuvor eine Bekanntmachung der Regierung, durch
welche das Festmahl verboten wurde. Da kam es in Paris zu einem