Die NakionalversammluuZ. 113
aber constituirt sich die Versammlung mit 491 gegen 90
Stimmen als die der Nation. Sieyes, beauftragt, die
Gründe des Beschlusses zusammenzufassen, that dies mit
seiner gewohnten Schärfe. »Aus den Vollmachten geht
hervor, daß -wir 96 Hundertthcile des französischer
Volks vertreten: eine solche Versammlung kann nicht ui*
thätig bleiben, deßwegen, weil die Abgeordneten einiger
Bezirke oder Klassen fehlen. Sie nennt sich National¬
versammlung eben aus jenem Grunde, weil nur ihre
Mitglieder öffentlich ansrkannt und bestätigt sind, und
weil kein Deputrrter abgesondert von der Versammlung
sein Recht auLüben kann. Sie wird sich nie von der
Hoffnung trennen, sämmtliche jetzt noch fehlenden Depu-
tirten dereinst in ihrer Mitte zu erblicken; sie wird die¬
selben stets freudig aufnchmen, und mit ihnen, sobald
ihre Vollmachten richtig erfunden sind, die Arbeiten thei»
len, welche Frankreichs Wiedergeburt zur Folge haben
sollen." Unmittelbar hierauf bewies sie sowohl ihre Macht,
als ihren guten Willen, indem sie die bisher erhvbncn
Abgaben bestätigte; sie beugte ihrer eignen Auflösung
vor, indem sie beifügte, dies gelte nur, solange sie ver¬
sammelt sey; sie schnitt der Regierung den verzweifelten
Ausweg eines Staatsbankerottcs ab, indem sie die Siaats-
gläubiger unter Bürgschaft der französischen Rechtlichkeit
stellte, und beschäftigte sich, um durchaus populär zu
seyn, gleich mit den Ursachen der Hungersnot h und des
öffentlichen Elends. Diese besonnene Kühnheit verdient
Bewunderung. So kann nur dann gehandelt werden,
wenn Alles reiflich erwogen und verabredet war, das
heißt, wenn die Masse dem Impulse Weniger folgte, welche
zusammen eine geheimeLeitung bildeten. Ganz das entgegen¬
gesetzte Schauspiel bieten die 2 andern Stände dar: sie
begreifen keineswegs, daß Nichts als Entschiedenheit sie
retten könne; die Adeligen verwerfen Montesquious
Vorschlag, sich als Oberhaus zu constituiren: sie behar¬
ren in dumpfer Hartnäckigkeit, gewähren somit ihren
Gegnern Zeit, und ziehen sich theils den Unwillen, theils
Vaurr's Srkch. VI. Bd. 8