Full text: Die alte Geschichte (Theil 1)

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als ein beladener Wagen heranfuhr. „Wart' ein wenig!" rief 
er dem Fuhrmanne zu. Der störte sich an nichts und fuhr 
seinen Weg. Da warf er sich trotzig gerade vor die Pferde 
nieder, und der erschrockene Fuhrmann mußte halten. Darauf 
that er seinen Wurs und trat nun erst bei Seite. Er war 
übrigens sehr lernbegierig; nur die Flöte wollte er nicht lernen. 
„Sie entstellt ja das Gesicht/' war seine gewöhnliche Ausrede, 
„auch kann man dazu nicht sprechen oder singen. Die Kinder 
der Thebaner, welche nicht sprechen können, mögen die Flöte 
blasen." Er trug purpurne Kleider und führte einen Schild 
aus Gold und Elfenbein. Seine Pferde und Wagen waren die 
schönsten in der Stadt. Selbst durch läppische Handlungen 
suchte er Aufmerksamkeit zu erregen. Einst kaufte er sich einen 
Hund von ausnehmender Schönheit für einen ungeheuren 
Preis. Ganz Athen sprach von dem wunderschönen Hunde 
des Alcibiades. Darauf schnitt er ihm den prächtigen Schweif 
ab. Das gab nun wieder ein allgemeines Stadtgespräch, und 
er hatte seine Freude hieran. Ein andermal sah er, als er 
gerade über den Markt ging, einen großen Auflauf des Volkes: 
es wurde Geld vertheilt. Sogleich ließ auch er sich Geld von 
Hause bringen und warf es unter die Menge. Darüber wurde 
der Zusammenlauf und Lärm noch größer. Jetzt öffnete er 
seinen Mantel, ließ eine Wachtel hinausfliegen und setzte eine 
große Belohnung auf den Wiederfang. Da stürzte auf einmal 
das ganze Volk auseinander hinter der Wachtel her. Alcibia- 
des lachte! 
Das Schlimmste für ihn war, daß alle seine Jugendfehler 
Nachficht und Entschuldigung bei seinen Mitbürgern fanden, 
weil er durch Schönheit, Beredsamkeit, Tapferkeit, kurz durch 
jede Eigenschaft Alle für sich einnahm. Zum Gluck war der 
weise Sokrätes, von welchem wir nachher ausführlicher reden 
werden, eifrigst bemüht, einen Jüngling zu bilden, der einst der 
Segen ober Fluch der Vaterstadt werden könne. Alcibiades 
schloß sich in inniger Liebe an ihn und vergoß oft in seiner
	        
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