Full text: Die alte Geschichte (Theil 1)

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Wohlthat erlaubte dieser seinen Enkeln, an dem Orte, wo sie 
als Hirten gelebt hatten, eine Stadt zu bauen. 
Hier nun, an dem Fluffe Tiber, oben auf dem palatinischen 
i Hügel, legten Romulus und Remus in Verbindung mit vielen 
Bewohnern der Umgegend, im Jahre 753 vor Chr., den Grund 
I zu der Stadt, aus welcher nachher das so mächtige und blühende 
I Rom wurde. Die Gründung der Stadt geschah nach Sitte der 
benachbarten Etrusker dadurch, daß Romulus mit einem von 
| zwei weißen Rindern gezogenen Pfluge um den palatinischen 
i Hügel im Vierecke eine Furche zog und nach dieser Furche einen 
I Erdwall rings herum auswerfen ließ. Wo in der viereckigen 
I Umwallung ein Thor sein sollte, ward der Pflug aufgehoben.*) 
I Den inneren Raum füllte eine Menge zerstreut durch einander 
liegender, ärmlicher Lehmhütten, die, an der Sonne getrocknet, 
mit Schilf und Stroh kümmerlich gedeckt waren. 
Schon gleich im Anfange war unter den beiden Brüdern 
Streit darüber entstanden, wer von ihnen die neue Stadt be¬ 
nennen, wer sie als König beherrschen sollte. Auf Anrathen 
ihres Großvaters Numitor beschlossen sie, die Götter selbst zu 
Schiedsrichtern zu nehmen. Derjenige sollte der Stadt nicht 
nur den Namen geben, sondern sie auch als König beherrschen, 
welcher zuerst glückliche Anzeichen durch die Schicksalsvögel er¬ 
halten würde; — gerade als wenn die am Himmel flatternden 
Vögel dort den Berathungen der Götter zulauschten und dann 
die erhaltene Kunde durch Flug und Gesang den Menschen 
hinterbrächten! Dem Remus erschienen zuerst sechs Geier, und 
kaum hatte er frohlockend die glückliche Erscheinung dem Romu- 
lus gemeldet, als diesem plötzlich ein Zug von zwölf Geiern 
vorüberflog. Darüber entstand ein neuer Streit. Remus behaup- 
tete, er müsse doch wohl König sein, weil ihm ja zuerst sechs 
Geier erschienen wären; Romulus aber berief sich auf seine 
doppelte Anzahl. Zankend wurden sie handgemein, und 
Remus fiel im Getümmel. So erzählen Einige die Sache', 
*) Daher porta das Thor, von portare aufheben. 
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