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Verfassung, aber der gesamte Grundbesitz und damit die ganze Staatsgewalt war in
der Hand weniger reicher Familien vereinigt.
Da die geschichtlich bedeutsamsten Stämme sich aufgerieben hatten, traten
ändere in die erste Reihe, von denen ehedem kaum die Rede gewesen war: die
Achäer am korinthischen Golf und die Ät oler, ein Volk von Gebirgsbauern
und Landsknechten. Beide Völker waren in Eidgenossenschaften vereinigt. Daß
die Griechen, wenn sie den leidigen Bruderzwist zum Schweigen brachten, noch stark
Senug waren, um ihrer Vorzeit würdige: Taten zu vollbringen, bewies die tapfere
Abwehr eines großen Einfalles der Kelten (279). Die Barbaren setzten dann nach
Kleinasien über, wo sie die Bevölkerung arg heimsuchten, bis schließlich den Königen
von Pergamon ein entscheidender Sieg gelang. Auf der phrygischen Hochebene
Zu festen Wohnsitzen gelangt, gründeten die Gallier einen freien Bundesstaat
(Galatie n), der allmählich der Hellenisierung verfiel.
NIT. Die hellenistische Kultur.
Begriff des Hellenismus. Die Entwicklung der Menschheit hatte sich bis auf
Alexander in zwei Richtungen bewegt, von denen die weit jüngere, die hellenische,
Wrsprünglich durch die uralte orientalische beeinflußt worden war, im Laufe der Zeit
aber vollkommen selbständige Wege eingeschlagen hatte. Alexanders Absicht, beide
Richtungen zu einer Einheit zu verbinden, wurde von seinen Nachfolgern aufgegeben,
die an der unbedingten Vorherrschaft des griechisch-mazedonischen Elementes
lesthielten. Doch die beiden grundverschiedenen Lebensformen traten nunmehr
MM engste Berührung und auch das gebietende Griechentum geriet unter den starken
Einfluß der ausgereiften, festgeschlossenen orientalischen Kulturen und erfuhr in
"leler Hinsicht eine tiefdringende Umbildung. Die aus dieser gegenseitigen Beein-
Üussung entstandene neue Kultur nennt man hellenistisch. Der Hellenismus ist
Ct die erste universelle Kultur, welche die gebildete Gesellschaft aller Völker
umfaßt.
Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, Das politische Leben mußte den
Ursprünglich griechischen Charakter in den hellenistischen Reichen einbüßen, da
deren Begründung das Werk einzelner Persönlichkeiten war und die orientalische
Bevölkerung nichts anderes als den Despotismus kannte. In den hellenistischen
Yonarchien gilt nur ein Gesetz, der Wille des göttlich verehrten Königs).
_ In die Zeit des Hellenismus fällt die dritte griechischeKolonisation,
die die früheren an geographischer Ausdehnung und an Stärke der Auswanderung noch
übertrifft. Bis nach Baktrien bedeckte sich das Alexanderreich mit griechischen
Kolonien, die der zurückbleibenden Bevölkerung Luft machten. Diese Städte trugen
STiechische Gesittung und griechische Sprache bis über die Grenze Indiens: indes
Von der ansässigen Bevölkerung wurden allein die höheren, städtischen Schichten
hellenisiert, und auch diese oft nur äußerlich.
„ Der Handel zog alle Länder von den Säulen des Herakles bis Indien und
Äthiopien in seinen Kreis, Der Schwerpunkt des Verkehrs verschob sich nach Osten.
Die Stapelplätze für die unerschöpflichen Naturprodukte und Waren des Orients —
Alexandri a, Antiochia, Rhodos — nahmen einen gewaltigen Aufschwung.
en ?) Seit der hellenistischen Zeit wird auf den Münzen das Bild der Götter durch das Porträt des
Königs ersetzt. Vgl. die Weihinschrift im Quellenbuche Nr. 19 und die Alexandermünze (Taf. 39).