Full text: Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart (Teil 5)

Marie Antoinette. 
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keiner Gelegenheit das Halsband trug und ihm gegenüber ihr Be- 
tragen auch nicht veränderte. Aber die La Motte wußte sofort eine 
Ausrede: Unmöglich könne die Königin gleich so offen vor aller Augen 
ihr Betragen gegen Rohan umwandeln. Zur Entschädigung werde 
sie ihn aber im Schloßgarten in der Dämmerstunde ganz allein in 
Audienz empfangen. Nach den damaligen Etikettebegriffen wäre das 
ein ganz außerordentlicher Schritt gewesen, den eine Königin von 
Frankreich sich nie gestatten durfte. Die Audienz kam tatsächlich zu- 
stände. Der Kardinal wenigstens war der Meinung, er sei insgeheim 
von der Königin empfangen worden. Aber die Rolle der Königin 
hatte eine ganz gewöhnliche Pariserin gespielt, die in der Figur eine 
gewisse Ähnlichkeit mit jener hatte, und die von der La Motte mit den 
Kleidern und der Perücke Marie Antoinettes ausstaffiert wurde. Als 
einige Zeit darauf die Juweliere ihre Rechnung einreichten und das 
Geld für das Halsband forderten, das nie in die Hände der Königin 
gelangt war und das die La Motte längst in England verkauft hatte, 
kam das ganze Intrigenspiel an den Tag. Der sonst so sanftmütige 
König geriet in solchen Zorn über die Unverschämtheit, mit der man 
den Namen der Königin gemißbraucht hatte, daß er aus der Stelle 
den Kardinal Rohan verhaften ließ; aber das Parlament von Paris 
sprach diesen frei, da er im guten Glauben gehandelt hätte. Mehrere 
Wochen konnte die Königin nicht durch die Straßen von Paris fahren, 
ohne nicht beleidigende Ausdrücke gegen ihre Person zu vernehmen. 
Der Herzog von Orleans, ein Verwandter des Königshauses, 
ein lasterhafter, intriganter Mann, der bei dem Umsturz des Be- 
stehenden Vorteile für die eigene Person zu erhalten, vielleicht sogar 
die Regierung an sich zu reißen hoffte, verleumdete die Königin aufs 
gewissenloseste und hetzte unaufhörlich gegen sie und Ludwig XVI. 
Das Palais Royal, die Wohnung des Herzogs, war der Herd für all 
die Verunglimpfungen, mit denen man die Königin im Laufe der 
folgenden Jahre besudelte. 
Ein äußeres Ereignis trug auch zur Erregung der Gemüter bei: 
Im nord amerikanischen Befreiungskampf nahm Frankreich 
Partei für die Vereinigten Staaten, die sich seit 1776 unabhängig 
von England erklärt hatten; der amerikanische Gesandte, Benjamin 
.Franklin, hatte 1778 das Bündnis vermittelt, das sich in Frankreich 
großer Sympathien erfreute. Es konnte aber nicht ausbleiben, daß 
die französischen Truppen, die unter dem Marquis Lafayette in 
Amerika gekämpft hatten, bei ihrer Rückkehr nach Frankreich, begeistert 
die neuen republikanischen Ideen und Freiheiten von jenseits des 
Ozeans verkündigten und den Gegensatz zwischen diesen und dem
	        
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