Full text: Erzählungen aus der Neuzeit (Teil 3)

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400, katholische und protestantische, Adelige zu einem Bunde zusammen und 
schwuren, sich der Inquisition zu widersetzen und bei Religionsverfolgung 
einander beizustehen. Bald war die Bundesurkunde von 2000 Edelleuten 
ohne Unterschied der Religion unterzeichnet, und im Frühjahre 1556 ritten 
300 Verbündete in feierlichem Aufzuge vor den Palast der Statthalterin 
in Brüssel, um ihr eine Bittschrift wegen Aufhebung der Ketzergesetze zu 
überreichen. Da Margareta beim Anblicke der ritterlichen Schar betroffen 
war, flüsterte ihr einer ihrer Räte zu ihrer Beruhigung zu, es sei ja nur 
ein Haufe Bettler: „ce n'est qu'un tas de gueux". Die Verbündeten 
griffen diesen Spottnamen gerne auf uud nannten sich von nun an 
Geusen mit dem Wahlspruche: „Getreu dem Könige bis zum Bettelsacke". 
Fremde Religionsprediger schürten den glimmenden Brand, und so brach 
bald ein furchtbarer Aufstaud der Volksmassen aus mit Bilderstürmerei 
und Verwüstung von Kirchen und Klöstern. Daraufhin war Philipp, welcher 
sich früher zur Abberufung des Granvella verstanden hatte, zur strengsten 
Rache entschlossen. Er rief Margareta, die ihm zu milde schien, (1567) ab 
und schickte den Herzog Alba als Statthalter nach den Niederlanden. 
3. Älba in den Niederlanden. Ehe der gewaltthätige und gransame 
Alba in den Niederlanden erschien, waren schon 100000 Einwohner, meist 
Kaufleute uud Handwerker, ins Ausland, namentlich nach England, ent- 
flohen. Auch Wilhelm von Oranien, der die Ränke des spanischen Hofes 
durchschaut hatte, war nach Deutschland geflohen, während seine Freunde 
Egmout und Horn gegen seinen eindringlichen Rat in Brüssel blieben. 
Diese mußten ihr Vertrauen mit dem Leben büßen; Alba ließ sie treulos 
in einer Staatsratssitzung verhaften und fetzte daun zur Bestrafung der 
Ketzer und Aufstündischen ein besonderes Gericht ein, „den Rat der Unruhen", 
vom Volke „Blutrat" genannt. Einer der Räte erklärte, alle Niederländer 
hätten den Galgen verdient, die einen, weil sie am Bildersturme teilgenommen, 
die andern, weil sie ihn nicht verhindert hätten. So wurden denn tausende, 
unter ihnen Egmont und Horn, als Hochverräter und Majestätsverbrecher 
hingerichtet; und da jeder Widerstand erfolglos blieb, so ging Alba immer 
weiter in seiner Bedrückung. Er verordnete, daß jeder einmal den hundertsten 
Teil seines Vermögens und bei allen Verkäufen den zehnten Teil des Wertes 
als Abgabe entrichte. Nun aber trat rafch eine Wendung ein. Die auf die 
See geflüchteten Niederländer, die Meer- oder Waffe rgensen setzten std) 
in den Besitz der holländischen Festung Briel an der Maasmündung und 
machten von hier aus mit reißender Schnelligkeit Holland, Seeland, 
U t r e ch t und Fri e s l a nd unabhängig; der zurückgekehrte Prinz Wilhelm 
von Oranien wurde als allein redstmäßiger Statthalter des Königs aner- 
kannt und behauptete sich trefflich. Da Alba sah, daß er trotz aller Grau- 
samkeit nichts ausrichten könne, nahm er seinen Absd)ied. Er konnte sich
	        
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