Full text: Sagen und Geschichten aus dem Mittelalter (Teil 2)

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König Philipp IV. der Schöne beschuldigte die Templer unerwiesener Verbrechen, 
spannte viele auf die Folter und verbrannte andere, darunter den Großmeister 
Jakob von Molay, lebendig. Darauf riß er ihre reichen Besitzungen an sich, 
und der Papst löste den Orden auf (1314). Der Deutsch Herren oder Marianer 
Ritterorden war aus einem Vereine deutscher Pilger für die Pflege kranker Deutschen 
in Jerusalem hervorgegangen (1128). Als dieser Bruderverein nach der Ein- 
nähme von Jerusalem durch Saladin die heilige Stadt verlassen mußte, begab 
er sich in das Lager der Kreuzfahrer vor Akkon. und mitleidige Kaufleute aus 
Lübeck und Bremen schlugen hier Zelte aus Segeln für deutsche Kranke auf, 
welche von der marianischen Bruderschaft gepflegt wurden. Friedrich von Schwaben 
erhob den Verein zu einem Orden, und dieser ließ sich zuerst in Akkon, nach 
den Kreuzzügen in Venedig nieder. Von hier aus wurden sie 1226 von den 
Polen gegen die heidnischen Preußen zu Hilfe gerufen. Durch die Unterwerfung 
und Bekehrung derselben gründeten sie das Ordensland Preußen, aus 
welchem später das Herzogtum und noch später das Königreich hervorgegangen ist. 
6. Gauern miti Mirger. Es gab im Mittelalter zweierlei Bauern, freie 
und hörige (Leibeigene); sie lebten nicht in geschlossenen Dörfern, sondern in 
weit auseinander liegenden Gehöften. Das Wohnhaus war entweder aus Holz, 
Lehm und Stroh kunstlos zusammengefügt, oder ein mit einiger Baukunst aus- 
geführter Fachwerk-(Riegel-)Bau. Der freie Bauer unterschied sich äußerlich von 
dem geschorenen Leibeigenen durch das lang herabwallende Haupthaar; auch 
durfte nur er, mit dem Schwerte an der Seite, der Versammlung unter dem 
Baume oder am Gerichtssteine beiwohnen. Das Landleben bot das Bild einer 
von Arbeitsamkeit und ehrwürdiger Sitte getragenen Lebenslust und Geselligkeit 
mit frohen, oft ausgelassenen Festen, Spielen, Tänzen und Liedern. Die Ritter 
beteiligten sich manchmal an solchem festlichen Treiben der Bauern, sahen aber 
meist auf dieses volkstümlich derbe Wesen („Dörperheit") hochmütig herab. 
— Als mit den Kreuzzügen Handel und Verkehr einen ungewöhnlichen Auf- 
schwung nahmen, blühten auch die vorher unansehnlichen, nur als Festungen 
dienenden, Städte auf, und es erwuchs in denselben ein unternehmendes, wohl- 
habendes und stolzes Bürgertum, dessen zunehmendes Selbstgefühl von den 
weltlichen und geistlichen Herrn nicht gerne gesehen wurde. Die Städte machten 
sich aber meistens von der Herrschaft derselben frei und richteten ihr Gemein- 
Wesen nach der Art alter Freistaaten oder Republiken ein. Die Altbürger (die 
Patrizier oder Geschlechter) waren im Alleinbesitze der städtischen Verwaltung 
und wollten den Neubürgern (Spieß- oder Pfahlbürgern), meist eingewanderten 
Handwerkern, lange das Vollbürgerrecht nicht erteilen. Seit aber in den auf¬ 
blühenden Städten auch das Handwerk seinen goldenen Boden hatte, schlössen sich 
die Handwerker zu Vereinigungen, den sogenannten Innungen. Zünften 
oder Gilden, zusammen, und sie erlangten auch in den meisten Städten 
Gleichberechtigung mit den Patriziern. Von der Wohlhabenheit dieser Städte
	        
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