Übersicht über die großen Entdeckungen.
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des eigentlichen Entdeckers durch die Benennung einzelner Teile der Neuen Welt
(z. B. Colombia in Südamerika) zu Ehren gekommen. Volle Genugtuung
brachte dann die allgemeine Erinnerungsfeier des Jahres 1892, der im folgenden
Jahre „die Kolumbische Weltausstellung" zu Chicago sich anschloß. Die von
Kolumbus aufgefundenen Inseln erhielten den Gesamtnamen W estindien (im
Gegensatz zu Ostindien); die Ureinwohner der Neuen Welt wurden Indianer
oder nach ihrer kupferroten Farbe Rothäute genannt.
Den Entdeckungen folgte die Ausbeutung der aufgefundenen Länder.
Die Portugiesen suchten vor allem den Alleinhandel mie.mnrzen
an sich zu reißen. Deshalb setzten sie sich überall an den Gestaden des Indischen
Ozeans fest (Hauptstadt G o a), fuhren dann durch die Sundastraße in die
Inselwelt des Stillen Ozeans, besetzten dort die Molukken oder Gewürzinseln
(1512) und legten sogar an der Küste Chinas Faktoreien an. Lissabon
wurde der Hauptsitz des Gewürzhandels für ganz Europa.
Die Spanier drangen, von Goldgier getrieben, tief in das Innere
von Mittel- und Südamerika ein. Ferdinand Cortez eroberte in den
Jahren 1519—1521 mit einer Handvoll Europäer das große Kulturreich
Mexiko (Nen-Spanien) und von da aus einen Beträchtlichen Teil der kleinen
mittelamerikanischen Länder, etwas später (1532) Franz Pizarro den gleich-
falls hochentwickelten Staat der Peruaner (Peru, Bolivia, Ecuador, Teile von
Chile). Unermeßliche Beute an Edelmetall war der Lohn dieser Unternehmungen.
Immer neuen Gewinn brachte die Erschließung der unerschöpflichen Bodenschätze,
welche auf den schwerbewaffneten Silberflotten (Seekarawanen) nach Sevilla
gebracht wurden.
3. Anteil der Deutschen an den Entdeckungen der Portugiesen
und Spanier. Sowohl die Hanseaten als auch die süddeutschen Städte
unterhielten im 15. Jahrhundert mit den Staaten der Pyrenäischen Halb-
insel lebhafte Handelsbeziehungen. Es war daher natürlich, daß gerade
die Deutschen an den Entdeckungsfahrten der Portugiesen und Spanier
eifrigen Anteil nahmen. Die deutsche Wissenschaft und Industrie lieferten
die Instrumente, welche die Ausführung der Entdeckungen wesentlich er-
leichterten (S. 135); einzelne Deutsche, wie der Nürnberger Martin
Behaim, beteiligten sich in hervorragender Weise an den Entdeckungs-
reisen; deutsche Kaufleute rüsteten manches Schiff aus, das unter portu-
giesischer Flagge die Fahrten nach Indien mitmachte, oder legten ihr Geld
in überseeischen Unternehmungen (Pflanzungen, Bergwerken) an. Eine
überseeische Besitzung, Venezuela (Klein-Venedig), kam sogar auf einige
Jahre in deutsche Hände, indem Kaiser Karl V. das Kaufmannshaus
der Welser in Augsburg damit belehnte (1528).
Leider gelang es unsern Landsleuten nicht, unter eigener Flagge
unmittelbaren Anteil am Handel mit Indien und Amerika zu gewinnen.
Denn die Portugiesen und Spanier betrachteten sich in den von ihnen
entdeckten Meeren und Ländern als alleinberechtigt und hielten jeden selb-
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