Full text: Preußisch-deutsche Geschichte vom Ende des Großen Krieges bis zum Beginne des Zwanzigsten Jahrhunderts (H. 3)

I. Die Weichsohnmacht, das Wachsen der 
Kabsönrger und Zollern. 
1. Der Kaiser und die Reichsstände. 
Der Kaiser. Der Große Krieg hatte alle Verhältnisse im deutschen 
Reiche umgestaltet. 
Der Kaiser war zwar noch dem Namen nach das Oberhaupt des 
Reiches, aber er hatte über dieses fast keine Macht mehr. Nicht nur die 
großen Fürsten, sondern auch die Grafen, die Herren und die Behörden der 
Reichsstädte regierten, ohne nach ihm zu fragen. Sie waren selbstherrlich 
oder, wie man auf französisch sagte, souverän geworden. 
Die Reichsgewalten. Somit hielt nicht mehr der Kaiser das Reich 
zusammen; die Einheit wurde nur noch durch die sogenannten Reichsgewalten 
erhalten. Das waren folgende: 1. Der Reichstag. Er hatte seinen Sitz 
ständig zu Regensburg, und wurde fortab nur von Abgesandten der drei 
Stände beschickt. Dazu gehörten 8, später 9 Kurfürsten (Mainz, Köln, 
Trier, Sachsen, Brandenburg, Hannover, Pfalz, Baiern und Böhmen, d. h. 
der Kaiser), etwa 100 Fürsten, 100 Grafen und 50 Reichsstädte. Die 
Reichsritter waren noch nicht vertreten. Alle Gesetze, Eingaben u. a. wurden, 
bevor sie an den Reichstag gingen, von einem Ausschuß, der sogenannten 
Reichsdeputation vorberaten. 2. Das Reichskammergericht zu Speier 
dann zu Wetzlar. 3. Der Reichshofrat zu Wien. Letztere beide waren 
die höchsten Reichsgerichte. 
Außer diesen drei Reichsgewalten war es noch die alte Reichskreis¬ 
ordnung (der 10 Kreise), welche die Einheit unterstützte. Nach ihr wurde 
auch in Kriegszeiten das Reichsheer aufgestellt. 
Die Landesherren und die Landstände. Die Reichsfürsten oder 
Landesherren, durften, ohne den Kaiser zu fragen, untereinander und 
sogar mit ausländischen Fürsten Bündnisse abschließen, wenn es für sie von 
Vorteil war und nicht gegen das Reich ging. Aber in ihrem eigenen Lande 
waren sie, wenn sie Gesetze machen oder Steuern erheben wollten, von ihren 
Landständen abhängig (Adel, Geistlichkeit, Städte). Eine einheitliche 
Verwaltung gab es nicht; die geordnete Einrichtung, die wir heute Staat 
nennen, kannte man nirgends. Der Landesherr nannte vielmehr ferne 
Beamten, den Kanzler und die Räte, den Marfchall, Stallmeister, Jäger- 
Spielmann, Schülerheft UI.
	        
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