Das Heroenzeitalter.
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In einem Engpaß begegnete er dem in einem Wagen sitzenden LaZus. Es kam
zu einem Wortstreite, in welchem Ödipus den ihm unbekannten Vater erschlug
(vgl. Hildebrand und Hadubrand). Auf seiner weiteren Reise löste er das Rätsel
der Sphinx (— Würgerin) und befreite dadurch die Thebaner von einer
schrecklichen Plage. Zum Lohne erhielt er die Herrschaft über die Stadt und
dazu die Hand der Königin, seiner eigenen Mutter.
So war das Orakel erfüllt, ohne daß Ödipus eine Ahnung davon hatte.
Als endlich bei einer von den Göttern gesendeten Seuche durch den blinden Seher
Tiresias die Aufklärung erfolgte, nahm Jokaste sich in ihrer Verzweiflung das
Leben, während ihr unglücklicher Sohn und Gatte sich die Augen ausstach. Die
Söhne der beiden, Eteökles und Polynices, stießen den Vater ins Elend
und luden dadurch einen schweren Fluch aus sich. Seine Tochter Antigene
begleitete den Ödipus in die Verbannung. Nach einer langen, entbehrungsreichen
Wanderung kamen sie in das gastliche Attika, wo der König Theseus ihnen
freundliche Aufnahme gewährte, bis Ödipus, durch seine Leiden gereinigt und
mit der Gottheit versöhnt, in die Unterwelt hinabstieg.
Zwischen E te o kl es und Po ly nie es entbrannte ein heftiger Thronstreit,
aus dem der erstere als Sieger hervorging. Polynices flüchtete nach dem Pelo-
ponnes, um Bundesgenossen zu werben. Er gewann den König Adrastus
von Argos und noch fünf andere Helden für sich. So begann denn der
Zug der Sieben gegen Theben. Alle, mit Ausnahme des Adrastus,
kamen um; Eteokles und Polynices töteten sich gegenseitig im Zweikampfe. Als
nun der neue König Kreon dem Polynices die Ehre der Bestattung ver-
weigerte, trat Antigene für den toten Bruder ein und bedeckte feinen Leichnam
mit Erde, damit feine Seele Ruhe finde. Sie wurde dabei ertappt und
lebendig begraben.
Zehn Jahre fpäter unternahmen die Epigonen, d. h. die Nachkommen
(der Sieben), einen neuen Zug gegen Theben, eroberten die Stadt und kehrten
mit Beule beladen heim.
d) Der trojanische Krieg (1194—1184'?). Die Stadt Tr 0 ja ober
Jliurn, beren Trümmerstätte in neuester Zeit von ben deutschen Forschern
Schliemann (S. 6) unb Dörpfelb 1 auf bem Hügel von Hiffarlik (tiirk. Afarlyk
— Trümmerstätte) aufgefunden würbe, lag in ber nordwestlichen Ecke Kleinasiens,
4 km vom Meere, in fruchtbarer Ebene, hoch überragt von ber festen Burg
Pergämus. Sie war ber Sitz eines stolzen Herrschergeschlechtes, bas seine
Herkunft von ben Göttern ableitete. Sein Sturz erfolgte nach ber Sage burch
einen zehnjährigen Krieg ber unter ber Führung bes Agamemnon geeinigten
Griechen. Kein Ereignis hat ben griechischen Dichtern reicheren Stoff geboten;
aber nur bie beiden herrlichen Werke bes Homer (um 800 v. Ehr.?), Jlias
und Odyssee, sind uns erhalten geblieben.
1 Die Sammlung der von ihm gefundenen Altertümer (Vasen, Becher, Geräte
aus Stein und Bronze, Waffen, Armbänder usw.) hat Schliemann dem Deutschen
Reiche zum Geschenk gemacht (1881); sie befindet sich jetzt in Berlin. — Nach
Dorstfeld ist von den neun übereinander liegenden Trümmerfchichten menschlicher
Ansiedlungen die sechste (von unten) das Homerische Troja, gleichzeitig
mit den Burgen von Tirhns und Mycene (S. 6); die unterste weist in das 4. Jahr¬
tausend v. Chr.