Zeitalter Friedrichs des Großen 1740—1789.
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3. Dies waren also neue Einnahmequellen neben den alten,
die im wesentlichen dieselben blieben wie unter dem Großen Kurfürsten
(S. 135). Die Verwaltung der ,ZcM" wurde als besonderer Zweig
von der übrigen Steuerverwaltung abgetrennt und unter dem Namen .
„Regie" durchweg mit sachkundigeren französischen Beamten besetzt. Diese
„Kellerratten" durch Herkunft und Amtspflicht in Preußen gleich ver¬
haßtsten ihr Geschäft mit großer Pünktlichkeit und Härte aus.
4. Aus der Rechtspflege hatte Friedrich bereits bald nach seiner
Thronbesteigung die Anwendung der Kolter entfernt. Die Antwort des
Müllers von Sanssouci: „Ja, wenn kein Kammergericht wäre" und
Friedrichs beschämtes Schweigen darauf lassen erkennen, daß er rm Gegen¬
satze zu seinen Vorgängern sein absolutes Königtum auf die Rechtsprechung
nicht ausdehnen wollte, daß er vielmehr der Meinung war, „in den
Gerichtshöfen müßten die Gesetze sprechen und der Souverän schweigen".
Von ihr wich er nur dann ab, wenn, wie in dem Prozeß des Müllers
Arnold, ihm nicht zugleich „nach Vernunft, Billigkeit und dem Besten
des Landes und der Unterthanen" geurteilt zu sein schien. Sodann
sorgte er mit Hilfe des Justizministers Cocceji für bessere Aus¬
bildung und Besoldung der Richter, für Vereinfachung der Proze߬
ordnung, und endlich steht er an der Seite eines Jnstinian und
Napoleons I., wenn er, wie jener im corpus iuris, dieser im code
civil, im ,,Allgemeinen^MMMm ^LaMLcht" die geltenden Rechts¬
bestimmungen nach sorgfältiger Prüfung und Sichtung sammeln ließ.
5. Der Pflege von Kunst und Wissenschaft lag er um so mehr
ob, als er selbst als Dichter, Musiker, Komponist und Gelehrter sich
auszeichnete und der Nachwelt, wenn auch in französischer Sprache, eine
ganze Reihe von Poesien und gelehrten Arbeiten hinterlassen hat, von
denen er die „histoire de mon temps“ fast über 40 Jahre seiner Re¬
gierung fortgeführt Hat. Er versammelte als „Philosoph von Sanssouci",
das er bei Potsdam nach Versailler Muster hatte anlegen lassen, nament¬
lich in den Friedensjahren bis 1756 allabendlich Gelehrte und Bau¬
meister, Sänger, Musiker und Schauspieler, mit denen wissenschaftliche
Gespräche geführt, der Musik und dem Tanze gehuldigt und Schauspiele
aufgeführt wurden. Er rief die fast erstorbene Akademie der Wissen¬
schaften wieder ins Leben, ließ das Opernhaus, die Hedwigskirche, die
Bibliothek und das JnvalidenhausMml.und erstreckte seine Sorge, wenn
auch in geringerem Maße, auch aus Hebung des Volksschulwesens.
Allerdings die thatsächliche Durchführung der „allgemeinen Schulpflicht"
* Nach dem „römischen", „französischen" und preußischen" Recht ist in
Deutschland bis 1900 Recht gesprochen worden, wo nach Fertrgstellung des bürger¬
lichen Gesetzbuches" ein einheitliches, für das ganze Reich geltendes „Deutsches
Recht" an deren Stelle getreten ist.