Agnes Bernauer. 
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Brod (einige Meilen östlich von Prag, zwischen dieser Stadt 
und Kollin 1434), wurden die Taboriten von den Pragern — 
die man auch Kelch ner nannte, weil sie vornehmlich auf der 
Bewilligung des Kelches im Abendmahle bestanden, — auf's 
Haupt geschlagen, und konnten sich seitdem nicht wieder erholen. 
Viele Tausende waren den Siegern in die Hände gefallen, und 
diese wußten nicht, was sie mit ihnen anfangen sollten. Schon 
wollte man sie als gefährliche und unnütze Leute niedermachen; 
da meinten andere, es wären auch manche Unschuldige dabei, 
die nur gezwungen an dem Kriege Antheil genommen hätten. 
Um diese nun von den wilden Gesellen zu unterscheiden, wählte 
man folgende List: ein Herold mußte bekannt machen, es stände 
jedem frei, nach Hause zu gehen; doch wären die Kelchner be¬ 
reit, die, welche bleiben und ihnen bei Ausplünderung der tabo- 
ritischen Städte helfen wollten, bei sich aufzunehmen. Die Besser¬ 
gesinnten zogen nun sogleich ab; die Räuber und Blutsauger 
dagegen, denen es nur ums Plündern zu thun war, blieben zu¬ 
rück. Es war eine furchtbare Menschenrotte: in Verbrechen er¬ 
graute Bösewichter, mit braunen, bärtigen Gesichtern, feurigen 
Augen und wilden Geberden. Man führte sie in große Scheunen 
ab, schloß diese fest zu und verbrannte die Gebäude sammt den 
darin befindlichen Menschen; freilich eine schändliche und treulose 
Handlung, wenn gleich die Bösewichter die Strafe reichlich ver¬ 
dient hatten. 
Jetzt stand der gänzlichen Aussöhnung mit dem Kaiser nichts 
mehr im Wege. Sigismund versprach Vergessenheit alles Vor¬ 
gefallenen, und beide Theile waren froh, daß endlich ein geregel¬ 
ter Zustand zurückkehrte. Als die Nachricht vom Frieden Prag 
erreichte, war die Freude allgemein. Das Volk lief mit Freuden¬ 
geschrei durch die Gassen, man sang das Tedenm, läutete mit 
allen Glocken, und als der kaiserliche Abgesandte, Kaspar von 
Schlick, nach Prag kam, fielen viele vor ihm auf die Knie nieder 
und riefen: „Seht! das ist unser Engel!" Noch größer war die 
Freude, als der Kaiser selbst 1436 in Prag erschien. Mit auf¬ 
richtigem Herzen wurde ihm gehuldigt. Wie viel Blut und Men¬ 
schenelend hätte nicht erspart werden können, wenn bald anfangs 
jeder mit christlicher Duldung den andern bei seinem Glauben ge¬ 
lassen hätte. 
Noch eine traurige Begebenheit müssen wir erzählen, die sich 
in derselben Zeit (1435) ereignete und die damalige Roheit
	        
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